Wie man verhindert, dass der Koffer rasch zum Flugzeug kommt: Slibovitz, Weihnachtsschmuck oder Käse mitnehmen

Foto: STANDARD/Regine Hendrich
Wien – „Was kann einem Mann, der in Maria Elend wohnt und am Wiener Flughafen für die Gepäcksortierung zuständig ist, noch passieren? Eigentlich nichts”, sagt Manfred Sekanina phlegmatisch. Aber bis er Schmankerln aus seinem Berufsleben als Verantwortlicher für 400 Mitarbeiter in der Gepäcksortierung zum Besten gibt, dauert es.

Hürden

Der City Airport Train (CAT) bringt seit Ende 2003 Passagiere samt Gepäck zum Flughafen, wo dann beide getrennt werden. Der Koffer wird aus dem Gepäckabteil unterirdisch direkt auf ein Rollband gehievt und zur Gepäcksortieranlage gebracht. Doch bevor der Koffer nach dem jeweiligen Einchecken – entweder direkt am Flughafen-Schalter oder eben in Wien Mitte – auf dem richtigen Wagerl Richtung Flieger landet, sind einige Hürden zu überwinden.

Zuerst wird geröntgt

Zu allererst – und das wissen die Wenigsten – werden die eingepackten Habseligkeiten durchleuchtet, also quasi geröntgt. Eine Sicherheitsmaßnahme, damit keine brennbaren oder sonstigen explosiven Geschütze an Bord gehen. Und dabei können die ersten Verspätungen entstehen, für die nicht automatisch die Austro-Control-Mitarbeiter verantwortlich sind. Denn die Vorschriften sind nach 9/11 sehr streng, und wer glaubt, alles, was er will, mitnehmen zu können, der irrt gewaltig.

Weihnachts-Überraschung

Und nun erzählt Herr Sekanina was die Menschen so alles mitschleppen. Wer garantiert bereits vor dem Abflug seinen Koffer eigenhändig wieder öffnen muss – in einem separaten Raum inklusive Polizeibegleitung – der packt die in der Weihnachtszeit beliebten Sternspritzer ein. Diese brennbaren Leuchtkörper sind zu gefährlich und dürfen nicht mit. Die Folge: Entweder es geht sich aus, der Passagier wird noch rechtzeitig vor dem Abflug zu seinem Koffer gebracht und kann das Mitbringsel entfernen, oder es geht sich zeitlich nicht mehr aus und Koffer wie Passagier werden aussortiert und bleiben vorerst einmal am Boden. Ein häufiger Vorgang in der Woche vor Weihnachten.

Garantiert rauschfrei endete auch für viele Reisende aus dem Balkan der Trip nach Übersee, wenn Verwandten-Besuche anstehen. Die 40 Liter selbstgebrannten Slibowitz (80-prozentig!) der Mama als kleines Mitbringsel für die Verwandtschaft gedacht, waren einfach zu viel an brennbarer Flüssigkeit. Noch dazu in einem Koffer.

Gefährlicher Käse

Es folgt das immer gleiche Prozedere: Die Flaschen werden mit dem Passagier vereint. Letzterer kann schwerelos seine Reise antreten, der Inhalt dieser und ähnlicher Kostbarkeiten landet in solchen Fällen bei den Entsorgungsbetrieben Simmering. Mit Problemen müssen auch jene Gäste rechnen, die Käse (sehr beliebt bei Türkei-Flügen) zwischen ihre Garderobe packen. Käse, so Sekanina, hat nämlich eine ähnliche Struktur wie Plastiksprengstoff – und wenn das Röntgengerät den kleinen Unterschied nicht erkennt – siehe oben.

Herzlos erwies sich auch jener Passagier, der seinen Bernhardiner in der Transportbox wie ein normales Gepäckstück aufgab. Bis zur automatischen Gepäckanlage ging alles glatt, dann aber blieb der Hund samt der Box beim Lichtschalter hängen. Schließlich müssen Tiere und sonstige Wertgegenstände gesondert eingecheckt werden. Weniger Glück als der Bernhardiner hatte eine Ziehharmonika, sie wurde in der Wippe zwischen zwei Laufbändern zerdrückt. Eine Statistik, wie viele Koffer nicht rechtzeitig ankommen, führt der Flughafen nicht, das sei Sache der Airlines. Die AUA gibt an, dass im ersten Halbjahr 2006 pro 1000 Passagiere 13,7 Koffer nicht mit dem Fluggast ankamen. (Claudia Ruff, DER STANDARD Printausgabe, 29./30.07.2006)