Wien/Salzburg - Der seit 1. Jänner 2000 mögliche verschuldensunabhängige Unterhalt werde zahlenmäßig wohl keine allzu große Bedeutung bekommen und eher auf Einzelfälle beschränkt bleiben, stellten die FamilienrichterInnen beim Österreichischen Familienrichtertag Donnerstag und Freitag in Salzburg fest. Die gesetzliche Regelung darüber, wer diesen Unterhalt erhalten soll, wurde von den Richtern als recht präzise beurteilt. Vor ihnen liegt allerdings die Aufgabe, in der Judikatur die Frage der Höhe zu klären. Einig waren sich die FamilienrichterInnen darüber, dass in solchen Unterhaltsverfahren das Scheidungsverfahren nicht nachgeholt, also allfällige Eheverfehlungen nicht aufgerollt werden sollen. Eine Umfrage unter den rund 100 anwesenden RichterInnen ergab, dass bisher keine einzige rechtskräftige Entscheidung dazu bekannt war, berichtete der Vorsitzende der Fachgruppe Familienrecht in der Richtervereinigung, Franz Mauthner. Das wird darauf zurückgeführt, dass die Neuregelung nur auf im heurigen Jahr abgeschlossene Fälle angewendet werden kann - und streitige Scheidungen meist in die zweite Instanz oder zum OGH gehen. Wer bekommt ihn zugesprochen? Zugesprochen bekommen werden diesen Unterhalt vorwiegend Frauen, die Kleinkinder betreuen, und ältere Frauen, die wegen des Haushalts nicht erwerbstätig waren. Mauthner geht davon aus, dass sich bei einvernehmlicher Gesprächsführung vieles erledigen lassen wird: Es werde bald klar sein, dass bei kleinen Kindern oder einer 60jährigen Hausfrau es nicht viel Sinn hat, die Sache durchzustreiten. Daneben erwarten die Richter nur noch einige Einzelfälle. "Ziemliche Einhelligkeit" besteht laut Mauthner darüber, dass "unbillige Fälle" ausgeschieden werden. Klar sei, dass eine Frau, die einen Mordanschlag auf ihren Mann unternommen hat, oder mit dem Tennislehrer "durchgebrannt" ist, keinen verschuldensunabhängigen Unterhalt bekommt. Höhe wird diskutiert Intensive Diskussionen unter den Richtern gab es über die Frage, wie hoch dieser Unterhalt sein sollte. "Das wird noch viele Entscheidungen erfordern", sagte Mauthner. Dass es den Richtern überlassen wurde, diese Frage zu klären, beurteilt er positiv: Damit könne man auf den Einzelfall eingehen. Die Unterhaltshöhe war bereits am Donnerstag ein Thema. Univ.Prof. Christoph Badelt hielt in einem Vortrag fest, dass die Frage der Einkommensverteilung in der Familie immer eine Wertungsfrage sei. Es gebe keine ökonomischen Modelle, wieviel jedes Familienmitglied erhält. Grundsätzlich könne man sich an der Leistung oder am Bedarf orientierten. Für RichterInnen-Präsidentin Barbara Helige war dieser Beitrag sehr wichtig: Das zeige den RichterInnen einmal mehr deutlich, "dass - bei Unterhaltsfällen - wir die Verteilung vornehmen müssen und dass es dafür keine wissenschaftlich fundierten Anhaltspunkt gibt". Wenn jemand ein "Patentrezept" vorgebe, "handelt er unseriös". Nach derzeitiger Judikatur steht dem nicht erwerbstätigen Ehegatten (die Hausfrau) 33 Prozent und dem weniger verdienenden Ehegatten (häufig die erwerbstätige Ehefrau) 40 Prozent des gemeinsamen Einkommens zu. Darüber, ob das gerecht ist, gab es verschiedene Meinungen. Der Grazer Richter Heinz Lackner meinte, diese Aufteilung möge zwar - unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen - eine Gleichstellung bedeuten. Aber sie habe Nachteile für den Unterhaltsberechtigten: Dieser muss vor Gericht beweisen, dass den anderen keine Mehraufwendungen treffen. Ginge man hingegen von einer 50:50-Aufteilung aus, müsste der Unterhaltsverpflichtete beweisen, welche Aufwendungen er abziehen kann. (APA)