"Fassungslos" zeigt sich Generali Vienna-Chef Karl Stoss, "mit welchen unseriösen Mitteln die Gewerkschaft der Privatangestellten versucht, im Interesse des Fortbestandes des Unternehmens dringend notwendige Strukturanpassungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Generali zu 'vernadern'.

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Wien - Die Generali Holding Vienna wird in Österreich bis Ende 2008 im "äußersten Fall" rund 350 bis 390 Stellen streichen, teilte die Österreich-Tochter des italienischen Versicherungskonzerns Generali heute, Mittwoch, in einer Pressemitteilung mit. Soziale Härtefälle werde es nicht geben. Die neue Österreich-Struktur soll bis Dezember 2008 schrittweise umgesetzt werden. Regionaldirektionen würden nicht stillgelegt, sondern würden verstärkt auf die Kundenbetreuung ausgerichtet.

"Fassungslos" zeigt sich Generali Vienna-Chef Karl Stoss in der Pressemitteilung, "mit welchen unseriösen Mitteln die Gewerkschaft der Privatangestellten versucht, im Interesse des Fortbestandes des Unternehmens dringend notwendige Strukturanpassungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Generali zu 'vernadern' und damit eine weitere gesunde Entwicklung des Unternehmens zu gefährden."

Der von Teilen des Betriebsrates und der GPA behauptete Verlust von 700 Arbeitsplätzen sei "völlig aus der Luft gegriffen und reine Panikmache". "Um konkurrenzfähig zu bleiben und die erfolgreiche Entwicklung des Unternehmens langfristig zu sichern, könnte es im äußersten Fall sein, dass in denn nächsten 29 Monaten - bis Ende 2008 - rund 350 bis 390 Stellen verloren gehen", so Stoss.

Keinen sozialen Härtefall

Dies werde aber durch natürliche Fluktuation, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie eine entsprechende Mobilitätsoffensive zu bewältigen sein. "Ich garantiere persönlich dafür", versichert Stoss, "dass es keinen einzigen sozialen Härtefall geben wird. Wer mich kennt, weiß, dass ich für jede einzelne Mitarbeiterin und jeden einzelnen Mitarbeiter Verantwortung spüre".

"Völlig unwahr" seien Behauptungen der GPA, wonach Regionaldirektionen stillgelegt würden. Die jüngsten Beschlüsse des Generali-Vorstands entlarvten dies "als Lüge" und garantierten, dass alle neun Regionaldirektionen erhalten bleiben. Die Regionaldirektionen würden verstärkt auf die Kundenbetreuung ausgerichtet, kundenferne Back-office-Aufgaben teilweise länderübergreifend wahrgenommen. In St. Pölten werde ein neues Generali Service Center etabliert. Für die Erledigung von Massenschäden sowie die Aufgaben in Bereichen Sach-, Lebens- und Kranken-/Unfallversicherung werde der Standort Wien zuständig sein, für die Kfz-Versicherung der Standort Linz, für das Rechnungswesen werden in Wien, St. Pölten und Linz entsprechende Organisationseinheiten zur Verfügung stehen. Die Personalverrechnung und -verwaltung werde österreichweit von Wien aus erledigt.

Appell an die Mitarbeiter

Die Generali setzte damit Maßnahmen um, die von den Mitbewerbern schon vor Jahren durchgeführt worden seien, um ihre Effizienz zu erhöhen. Auch die Mitbewerber leisteten es sich im Zeitalter des Computers nicht mehr, jede Verwaltungsaufgabe an neun Standorten wahrzunehmen.

Stoss appelliert an die Mitarbeiter, "sich nicht von einigen Betriebsräten und Gewerkschaftern missbrauchen zu lassen und damit ihre eigene Basis zu gefährden."

Die Belegschaftsvertretung und die GPA haben wie berichtet im Rahmen des Generali Open Tennisturniers in Kitzbühel für den 29. Juli einen Aktionstag unter dem Motto "Familentreffen" angekündigt. Zentralbetriebsrat und GPA hatten gestern in einer Presseaussendung den Vorstand erneut aufgefordert, seine "soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern wahrzunehmen und eine Arbeitsplatz- und Arbeitsort-Garantie" abzugeben. Bei dem "Familientreffen" soll laut Arbeitnehmervertretern dem Vorstand "vor Augen geführt werden, welche massiven existenziellen Eingriffe diese Einsparungsmaßnahmen für die Mitarbeiter und deren Familien bedeuten".

Seitenhieb auf die Gewerkschaft

Der Gewerkschaft sei mittlerweile "offensichtlich jedes Mittel recht, vom eigenen Scherbenhaufen im ÖGB bzw. in der BAWAG, dessen Dimensionen in seiner gesamten Tragweite noch gar nicht bekannt sind, abzulenken," so Stoss in der heutigen Pressemitteilung. "Wohin die Rezepte der Gewerkschaft führen, ist der österreichischen Bevölkerung in den letzten Wochen und Jahren dramatisch vor Augen geführt worden." Es gebe nämlich auch "eine Verantwortlichkeit des Unterlassens bzw. Wegschauens." Das Beharrungsvermögen und verzweifelte Festhalten an alten Strukturen oder Machtritualen habe der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Realität und Entwicklung nichts entgegen zu setzen." Statt dessen versuche die Gewerkschaft, die Mauern hoch zu ziehen und den "bösen" Neokapitalismus zu verdammen. "Allerdings haben sie selbst Milliarden Euro verzockt oder durch ein Management des Unterlassens bei ihren Beteiligungen maßgeblich dazu beigetragen."

Betriebsrat enttäuscht

Der Zentralbetriebsrat der Generali Holding Vienna, Jürgen Köppl, ist "enttäuscht" über die Kommunkationspolitik seines Unternehmen. "Es ist traurig, dass eine solche Sache über die Presse ausgetauscht wird und nicht direkt mit den Mitarbeitern besprochen wird", sagte Köppl als Reaktion auf die heutige Pressemitteilung von Generali-Chef Karl Stoss zu Streichung von bis zu 390 Stellen bis Ende 2008.

Seit vielen Monaten habe man den Vorstand immer wieder gefragt, ob es etwas gebe, das man den Mitarbeitern mitteilen wolle. Die Antwort sei immer "nein" gewesen. Am 1. Juni seien die Regionaldirektionen und der Betriebsrat dann über die geplanten Einsparungsmaßnahmen informiert worden, jedoch nicht im Detail, betonte Köppl im Gespräch mit der APA.

"Der Vorstand hat uns nicht informiert. Das hat offenbar System", sagte Köppl und sieht Parallelen zum Mitarbeiterabbau bei der deutschen Allianz-Gruppe, die den Angaben zufolge ebenso wie Generali Austria von der Boston Consulting Group beraten wurden.

Mit der nun "auf Druck der Medien" vom Vorstand bekannt gegebenen Zahl an betroffenen Mitarbeitern sei es aber nicht getan. Mit Umsetzung des neuen Geschäftsmodells - die Regionaldirektionen sollen verstärkt auf Kundenbetreuung ausgerichtet werden, Kompetenzzentren sollen entstehen - werde es notwendig sein, dass viele Mitarbeiter pendeln werden müssen, so Köppl. Durch die zu erwartende Mehrbelastung der Außendienstmitarbeiter sei zu befürchten, dass die Servicequalität leiden werde.

Der angekündigte Aktionstag im Rahmen des Generali Open in Kitzbühel am 29. Juli findet laut Betriebsrat wie geplant statt.(APA)