"Big 3rd Episode (happy/end)"...

Foto: Impulstanz/Superamas

..."running sushi": Superamas und Chris Haring haben beschlossen, dass ihr Publikum Unterhaltung verdient.

Foto: Impulstanz/Haring
Die Logiken etwa der praktizierten Politik, der Medizin oder des Militärs gelten als erfolgreich, wenn Ursachen und Maßnahmen zu vorauskalkulierten Ergebnissen führen. Zwischen der Fiktion des Erhofften und dem Eintritt des Faktischen bestehen in der Regel peinliche oder erfreuliche Unterschiede. Denn das Faktische entpuppt sich meist als etwas weit reichender als das Denken der Kalkulierer.

Der Unterschied und das Weiterreichende bilden jedoch Räume für Kunst. Und die sind nur zu verstehen und zu nutzen, wenn akzeptiert wird, dass es einen Kulturbereich geben muss, in dem Logiken gelten, die nicht vorweggenommenen Zielen dienen.

Die Arbeiten des französisch-österreichischen Kollektivs Superamas und der Gruppe liquid loft des Wiener Choreografen Chris Haring machen derlei Überlegungen deutlich. In der jüngsten Superamas-Produktion Big 3rd Episode (happy/end) können sich "Laien" wie "Experten" in Sachen Kunst gleichermaßen prächtig amüsieren. Ebenso bei den Stücken von Chris Haring. So richtig interessant wird es aber erst, wenn Laien wie Experten in den Hintergründen des eigenen Amüsements zu schürfen beginnen.

Superamas und Haring haben verstanden, dass ihr Publikum Unterhaltung verdient. In Big 3rd Episode tritt das Entertainment selbst auf, eine Boys Band und eine zuckersüße Sängerin, es gibt Disco, Bier, Fitness, Sex und Wissenschaft, Soap, New York und Derrida.

Wenn uns das Lachen ab und zu entgleitet, sodass wir ihm nachlaufen und es wieder einfangen müssen, dann sind wir dort, wo Superamas sein Publikum gern hat.

Die Entertainmentwirtschaft kostet auch etwas. Geld sowieso. Vor allem aber unsere Freiheit, meinen Superamas. Chris Haring schlägt in eine ähnliche Kerbe. Seine bei ImPulsTanz uraufgeführte Choreografie running rushi setzt bei dem Spiel von Angebot und Nachfrage an und bei dem Gedanken, dass der Konsument es ist, der sich anbietet und nachfragt, was es denn so an Häppchen und Schnäppchen gibt. Wo zugelangt werden kann, dort kann auch ins Leere gegriffen werden, und wo ein Angebot schwimmt, wird auch ausgebootet. Mit welcher Logik packen uns welche Bieter, und wie sehr trauen wir ihren biederen Bilderbuch-Mienen? Auch jenen von Parteifreunden, Pharmakologen und Propagandisten mit Hang zur Bombenliebe?

Wer lacht, hat sich selbst schon einmal auf seiner Seite. Die Frage, welche Seite das ist, dürfen wir Erheiterte selbst beantworten. (Helmut Ploebst/SPEZIAL/DER STANDARD, Printausgabe, 25.7.2006)