Wien - Der Wahltermin steht mit 1. Oktober, und während der überwiegende Teil der antretenden Parteien sich bereits offiziell für die Wahlschlacht rüstet, üben sich zwei Außenseiter in nobler Zurückhaltung. Die Liberalen (LIF) und EU-Parlamentarier Hans-Peter Martin lassen weiter offen, ob sie bei der Nationalratswahl antreten werden oder nicht. LIF-Bundessprecher Alexander Zach teilte am Montag mit, das Präsidium des liberalen Forums habe bereits am Wochenende einstimmig eine Entscheidung getroffen, diese werde aber erst am 31. Juli bekannt gegeben.

Auch das gut gehütete Geheimnis um einen möglichen liberalen Spitzenkandidaten wollte man vorerst noch nicht lüften. Bedeckt hält sich nach wie vor auch Hans-Peter Martin. Erst am 23. Juli werde es eine Entscheidung geben, ob man am 1. August mit dem Sammeln von Unterstützungserklärungen für die "Liste Hans-Peter Martin - Für Kontrolle, Demokratie, Gerechtigkeit"beginne. Die zweite Entscheidung, ob es dann tatsächlich eine Kandidatur gibt, soll spätestens am 37. Tag vor der Wahl - das ist der 25. August - bekannt gegeben werden.

Regierungs-Triumvirat

Spannend dürfte es vor allem werden, sollten insgesamt sechs Parteien nach der Wahl in den Nationalrat einziehen. "Das Szenario, dass sechs Parteien einziehen, ist zwar unwahrscheinlich, doch sollte es so sein, könnte es unter anderem zu einem Novum in Österreich mit drei Regierungsparteien kommen", erläutert Johannes Schnizer, Verfassungsexperte und Klubsekretär der SPÖ im Parlament. Zur Verteilung stehen 183 Mandate im Nationalrat. Ohne ein bundesweites Grundmandat gilt es für einen Einzug in den Nationalrat die Vier-Prozent-Hürde zu schaffen.

Ein zweiter möglicher Weg ist jener, den Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider als BZÖ-Rettungsversuch einschlagen wird: via Grundmandat im eigenen Bundesland. Hier lässt sich keine generelle Prozentmarke festlegen. "Das nötige Ergebnis ist abhängig vom jeweiligen regionalen Wahlkreis, in dem eine bestimmte Prozentzahl erreicht werden muss", so Schnizer. Faktum sei aber, dass unter 2,5 Prozent der Klubstatus im Parlament dahin ist. Ähnliches sagt Werner Zögernitz, ÖVP-Klubdirektor im Parlament: Für das Grundmandat brauche man 25.000 bis 26.000 Stimmen, abhängig von der Wahlbeteiligung.

Die Prozesse im Nationalrat mit sechs Parteien würden "in vielen Bereichen komplizierter werden", ist Zögernitz überzeugt. Zudem werde die Klubfinanzierung teurer, da jeder Klub mit einem Sockelbetrag von einer Million Euro finanziert werde.

Eine sonderliche Änderung bei Abstimmungen durch sechs Parteien sieht der ÖVP-Klubdirektor nicht, zumal ÖVP und SPÖ immer "zusammen stark genug für zwei Drittel sein werden". (mro, stm/DER STANDARD, Printausgabe, 18. Juli 2006)