Zwei Monate nach Vereidigung seiner Regierung hat für Italiens Premier Romano Prodi die schwierigste Woche seiner bisherigen Amtszeit begonnen. Die von der Liberalisierung der Dienstleistungen betroffenen Berufsgruppen liefern der Regierung eine Kraftprobe. Die Taxifahrer proben seit Tagen den Aufstand und protestieren mit wilden Streiks gegen die geplante Vergabe zusätzlicher Lizenzen in den Großstädten.

Die Anwälte protestieren mit einem rekordverdächtigen Streik von zwölf Tagen gegen die Abschaffung der Mindesttarife. Die Apotheker schließlich wehren sich Mittwoch mit geschlossenen Geschäften gegen den Verkauf nicht rezeptpflichtiger Medikamente in den Supermärkten.

Der Minister für Wirtschaftsentwicklung Pierluigi Bersani betonte die Absicht der Regierung, die Liberalisierung "in jedem Fall"durchzuziehen: "Wir sind gesprächsbereit, aber wir lassen uns nicht erpressen."Fraglich ist allerdings, ob es dem Linksbündnis gelingt, das Liberalisierungsdekret unbeschadet durchs Parlament zu bringen.

Die durch interne Zerwürfnisse geschwäche Koalition aus elf Parteien muss um ihr politisches Überleben bangen. Sieben Senatoren der Kommunisten und Grünen wollen der Regierung ihre Unterstützung verweigern, wenn in den kommenden Tagen über den Verbleib des italienischen Truppenkontingents in Afghanistan abgestimmt wird. Vergeblich appellierten Staatspräsident Giorgio Napolitano und Kammerpräsident Fausto Bertinotti an die Dissidenten, ihre "anachronistischen Positionen"aufzugeben und das Überleben der Regierung nicht zu gefährden.

Kommunistische Parteien im Clinch

Am Wochenende gerieten sich die beiden kommunistischen Parteien in die Haare. Während Rifondazione Comunista den Dissidenten mit dem Parteiausschluss drohte, beschuldigten die Comunisti Italiani Kammerpräsident Bertinotti, "den Boden des Marxismus verlassen zu haben".

Die Regierung steht vor einem Dilemma: Sie kann bei der Abstimmung zum dritten Mal in wenigen Wochen die Vertrauensfrage stellen und die Dissidenten auf diesem Weg zur Ja-Stimme zwingen. Andernfalls könnte Prodi die Abstimmung mit Unterstützung der Oppostion gewinnen. Damit würde die Regierung faktisch einräumen, im Parlament über keine beschlussfähige Mehrheit zu verfügen. Das Rechtsbündnis fordert für diesen Fall Prodis Rücktritt und Neuwahlen. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 18. Juli 2006)