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Foto: AP/Probst
Braunschweig/Hannover - Die zuständige Staatsanwaltschaft bestätigte vor dem Wochenende, dass sie bei ihren Untersuchungen große Fortschritte in dem für den Volkswagenkonzern peinlichen Fall erzielt habe. Sechs der insgesamt 14 Ermittlungsverfahren seien praktisch fertig. Er gehe davon aus, dass die Verfahren vermutlich noch im September abgeschlossen würden, sagte der Sprecher der Braunschweiger Staatsanwaltschaft, Klaus Ziehe, der dpa am Samstag. Er bestätigte damit Berichte der Tageszeitung "Die Welt" und des Nachrichtenmagazins "Focus".

Dass - wie kolportiert - mit Anklagen gegen zwei niedersächsische Landtagsabgeordnete zu rechnen sei, wollte Ziehe nicht bestätigen.

Verdacht erhärtet

Wie "Die Welt" berichtete, hat sich der Anfangsverdacht wegen Untreue gegen den SPD-Landtagsabgeordneten Günther Lenz aus Hannover erhärtet. Die Staatsanwälte in Braunschweig hätten bei ihren Ermittlungen zur VW-Affäre einen "entscheidenden Durchbruch" erzielt, meldete Focus. Die Ehefrau eines Bordellbesitzers habe Lenz beschuldigt und bestätigt, dass der SPD-Politiker an von VW finanzierten Partys mit Prostituierten beteiligt gewesen sei.

"Einige waren da durchaus kommunikativ und haben Angaben gemacht, die durchaus weiterführend sein könnten", sagte Ziehe. "Es gab eine echte Bereitschaft mitzuwirken." Eine Bewertung stehe jedoch noch aus. "In Bereichen, wo wir Verdachtsmomente hatten, haben sich diese Momente bezüglich einzelner Beschuldigter verdichtet", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Politikerdementis

Dass es sich dabei konkret um Lenz oder den ebenfalls in die Affäre verwickelten SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Uhl handelt, wollte der Sprecher der Staatsanwaltschaft jedoch nicht bestätigen. Lenz sagte der Deutschen Presse Agentur: "Ich weiß nicht, was für ein Spiel da wieder mal gespielt wird. Ich kenne diese Vorwürfe nicht, und was ich nicht weiß, kann ich auch nicht kommentieren." Er habe vor drei Monaten selber Einsicht in die Akten bekommen, sagte der SPD-Politiker. "Von dem, was da behauptet wird, steht da nichts, aber auch gar nichts drin."

Lenz ist neben seiner politischen Tätigkeit auch Betriebsratsvorsitzender bei VW Nutzfahrzeuge, Mitglied im VW-Aufsichtsrat und Wirtschaftssprecher der SPD im Landtag. Uhl wurde bei der Bundestagswahl im vergangenen Herbst erneut als SPD-Abgeordneter in Wolfsburg gewählt. Im VW-Betriebsrat ist er unter anderem für internationale Projekte zuständig. Die SPD-Politiker hatten auch Vorwürfe, sie seien an von VW bezahlten Lustreisen beteiligt gewesen, stets zurückgewiesen.

Tarnfirmen

Auslöser für den Anfangsverdacht gegen Lenz und Uhl war die Vernehmung des inzwischen von VW gekündigten Ex-Personal-Managers Klaus-Joachim Gebauer. Er gilt als eine der Schlüsselfiguren in der Affäre.

Die Affäre war ins Rollen gekommen, als ein Netz von Tarnfirmen aufgeflogen war, mit deren Hilfe der ehemalige Skoda-Personalchef Helmuth Schuster angeblich Geld auf eigene Konten umgeleitet haben soll, das eigentlich VW zugestanden wäre. Dieser Skandal führte zu einer ganzen Serie weiterer Enthüllungen über dubiose Praktiken im VW-Konzern, wo für den Betriebsrat geheime Spesenkonten eingerichtet wurden, mit denen etwa Luxusreisen in alle Welt in Damenbegleitung finanziert wurden. (dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.7.2006)