Wien - Derzeit sitzen in Österreich elf Männer im Gefängnis, die rechtskräftig wegen des Verstoßes gegen Paragraf 209 Strafgesetzbuch verurteilt sind. Dieser legt ein höheres Mindestalter für - wohlgemerkt: freiwillige - homosexuelle Beziehungen zwischen Männern als zwischen heterosexuellen und lesbischen PartnerInnen fest. Für homosexuelle Männer gilt ein Mindestalter - vulgo "Schutzalter" von 18, in allen anderen Fällen von 14. 1999 sind sechs Männer wegen Verstoßes gegen diese Altersgrenze im Gefängnis gesessen. Die Informationen stammen laut Helmut Graupner, dem Sprecher der "Plattform gegen Par. 209", aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Justizminister Dieter Böhmdorfer im April dieses Jahres. Demnach würden auch zwei der elf Verurteilten "gar in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angehalten, auf unbestimmte Zeit". In der Zahl seien im übrigen Untersuchungshäftlinge noch nicht einmal enthalten. "Diese Menschen werden wegen einverständlicher intimer Beziehungen angehalten, die bei Heterosexuellen und Lesben keinen Polizeibeamten, keinen Staatsanwalt und keinen Strafrichter interessieren", kritisierte Graupner - und: "Sie sind Gefangene auf Grund ihrer sexuellen Orientierung und damit Gewissensgefangene im Sinne des Mandats von amnesty international ". Internationale Kritik Österreich ist damit eines der wenigen westeuropäischen Länder, in denen es noch unterschiedliche Altersgrenzen für sexuelle Beziehungen zwischen homo- bzw. heterosexuellen Partnern gibt. Ansonsten gibt es derartige Bestimmungen nur noch in Liechtenstein (das zum Pech seiner homosexuellen Bürger den österreischischen Paragrafen übernommen hat), Großbritannien (hier spießt sich eine schon öfters versuchte Abschaffung stets am Oberhaus) und Portugal. Ansonsten diskriminieren lediglich einige Staaten Ost- und Südosteuropas. Die Haltung von Österreichs Parteien zum Paragrafen 209 ist seit Jahren unverändert: Für eine Angleichung der jeweiligen Mindestalter treten SPÖ und Grüne ein. FPÖ und ganz besonders die ÖVP wenden sich hingegen nicht nur dagegen, sondern auch gegen eine Gleichstellung von homosexuellen Lebensgemeinschaften in Sachen Miet-, Erb- und Sozialversicherungsrecht. Zuletzt war das Thema während der Regierungsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP im Herbst des vergangenen Jahres diskutiert worden. Mit den neuen Herrschaftsverhältnissen in Österreich ist es verschwunden und dürfte wohl noch sehr lange Zeit auf Eis liegen. Immer wieder wird Österreich wegen Paragraf 209, der einen eindeutigen Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention darstellt, kritisiert. Zuletzt hatte die Präsidentin des Europaparlaments, Nicole Fontaine, im April die Diskriminierung Homosexueller in Österreich kritisiert. Im Amsterdamer EU-Vertrag werde jede Form von Diskriminierung, auch auf Grund der sexuellen Orientierung, verboten, sagte Fontaine. "Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass die nationalen Gesetze im Einklang mit den europäischen Vorschriften stehen." (red)