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Staatspräsident Emile Lahoud warnte vor der Gefahr eines "internen Krieges".

Foto: AP/ Nasser Nasser
Beirut/Wien - Im Zuge der von der radikalislamischen Hisbollah provozierten israelischen Militäroperation nehmen die Spannungen innerhalb der multikonfessionellen Führung des Libanon zu. Der pro-syrische Staatspräsident Emile Lahoud warnte sogar vor der Gefahr eines "internen Krieges", berichtete die libanesische Zeitung "L'Orient-Le Jour" in der Nacht auf Samstag in ihrer Internetausgabe.

Die vor einem Jahr gebildete libanesische Regierung von Ministerpräsident Fouad Siniora ist die erste seit dem Bürgerkrieg (1975-90), die nicht unter syrischem Einfluss entstand. Ihr gehören Moslems, Christen und Drusen an. Die schiitische, von Iran und Syrien unterstützte Hisbollah stellt zwei Minister. Staatspräsident Lahoud, ein maronitischer Christ, steht in Gegensatz zum anti-syrischen Premier, dem Sunniten Siniora.

Bei einer Sitzung des heterogenen Kabinetts wurde laut "L'Orient-Le Jour" über den Text einer Erklärung zur israelischen Militärintervention gerungen. Strittig war die - schließlich angenommene - Formulierungen, wonach die Regierung "das Recht und die Pflicht" habe "ihre Autorität über das gesamte libanesische Territorium auszudehnen".

Präsident Lahoud sah darin eine "Falle" für den libanesischen "Widerstand" gegen Israel, also die bewaffnete Hisbollah. Diese führt häufig ihre Operationen ohne Einvernehmen mit der Regierung aus - wie die Entführung israelischer Soldaten und die Beschießung Nordisraels mit Raketen.

Laut Lahoud bedeutet die in die Erklärung aufgenommene Formulierung, dass man die Armee an der Grenze, vor der Nase des Widerstandes, stationieren möchte und Israel damit ein "Geschenk" machen würde. Dies sei aber angesichts der jetzigen Situation, unter militärischem Druck, völlig unangebracht. Ein solches Geschenk an Israel würde zudem früher oder später zu einem "internen Krieg" im Libanon führen.

Innerhalb des Kabinetts war man bemüht, möglichst wenig von den Differenzen nach außen dringen zu lassen. Einige Minister erklärten jedoch ganz klar, es gehe um die Frage: "Staat oder Widerstand". An der Regierungssitzung nahm auch der Oberkommandierende der Armee, General Michel Sleimane, teil.

In dem beschlossenen Regierungskommunique wird die "Aggression" Israels verurteilt, die allen internationalen Abkommen und Verhaltensnormen widerspreche. Das Argument, es handle sich um einen legitimen Akt der Selbstverteidigung, wird zurückgewiesen. Zudem betont die Regierung, über die Operationen der Hisbollah nicht auf dem Laufenden gewesen und dafür auch nicht verantwortlich zu sein.

Ministerpräsident Sinioria: Israel zerstört den Libanon

Der Ministerpräsident Fouad Siniora hat Israel vorgeworfen, den Libanon zu zerstören und das sofortige Ende der Angriffe gefordert. Israel verschone niemanden, in keiner Region des Landes, sagte Siniora am Freitag in einem Interview mit den US-Nachrichtensender CNN. Es verhalte sich gleichgültig gegenüber dem Schicksal von Zivilisten und versuche, die sich gerade erholende libanesiche Wirschaft zu zerstören. "Ich denke, wir sollten versuchen, zu einer sofortigen Einstellungen der Kampfeinsätze zu kommen", sagte Siniora.

Seine Regierung habe sehr deutlich gemacht, dass sie über die Entführung der beiden israelischen Soldaten durch die schiitische Hisbollah-Miliz nicht informiert war und dafür auch keine Verantwortung übernehme, sagte Siniora in dem Interview weiter. Der Libanon werde für etwas bestraft, wofür er nichts könne. Israel verlangt von der libanesischen Regierung die Erfüllung der UNO-Resolution 1559, welche die Entwaffnung und Auflösung aller Milizen im Libanon vorsieht. (APA/Red)