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Foto: APA/dpa/Uta Rademacher
Es ist eigentlich ganz einfach: "Wenn man Musik legal kauft, muss man auch das Recht haben, sie auf allen Geräten zu benutzen, die man besitzt." Also sprach Apple-Chef Steve Jobs im Jahr 2002, ein Jahr bevor Apple seinen iTunes Music Store eröffnete (Dank den Kollegen von mac-essentials.defür ihr gutes Gedächtnis).

Ganz einfach

Auch der Rest der Geschichte ist ganz einfach: Damit Jobs mit den Musiklabels ins Geschäft kommen konnte, musste er ihnen zumindest ein kleines Stück seiner freigeistigen Seele verkaufen und die im Store angebotene Musik mit Kopierschutz ausstatten. Dabei hatte er noch ein paar Jahre zuvor mit dem Slogan "Rip. Mix. Burn"die iTunes-Software für den Mac vorgestellt, was in den Ohren der Musikindustrie wie ein Freibrief zum Raubkopieren klang.

Zielscheibe von Konsumentenschützern

Inzwischen ist Apples iTunes Music Store zum klaren Marktführer und damit zur Zielscheibe von Konsumentenschützern geworden. Was sind die unbestreitbaren Fakten? 1. Gekaufte Dateien sind kopiergeschützt und können auf maximal fünf Computern (PC wie Mac) abgespielt werden. 2. Kopiergeschützte Dateien laufen nur auf Apples iPod, nicht kopiergeschützte (z. B. "gerippte"von gekauften CDs) kann man auf jeder Art von MP3-Player spielen. 3. Mit der Konkurrenz (Sony, Windows-basierende Geräte) ist es ebenso - sie laufen nur auf den dazugehörigen MP3-Playern, nicht am iPod. 4. Es gibt einen einfachen, legalen Weg, den Kopierschutz zu beseitigen: Man brennt eine Musik-CD, die keinerlei Schutz mehr hat (und die dann wiederum ungeschützt "gerippt"werden kann, wenn auch mit etwas Qualitätsverlust). Das ist kompliziert, aber imerhin eine Art Investitionsschutz.

Kompromitiert

Was Konsumenten wirklich wollen, ist natürlich so einfach, wie es Jobs proklamiert, dann aber kompromitiert hat: Wir wollen keinerlei Art von Kopierschutz; selbst die "braven" nicht, die sich an alle Regeln halten, weil er nervt.

Nicht auf MP3-Player beschränkt

Aber interessant: Das Phänomen ist nicht auf MP3-Player beschränkt. Die massenhafte Verbreitung von DVDs wurde durch den Umstand nicht behindert, dass man sie nicht legal kopie- ren kann, also auch nicht auf die Festplatte oder einen Videoplayer überspielen kann. Musik-CDs werden mit Kopierschutz ausgestattet, was ihre Nutzungsmöglichkeit drastisch einschränkt. Und Handydienste sind unter jeder Kritik: Sie verlangen Apothekerpreise, und die Musik ist nur auf dem Handy abzuspielen, mit dem die Musik gekauft wurde.

Der neue Buhmann

Nur der Online-Schutz - und mit ihm der Marktführer - wird plötzlich zum neuen Buhmann. Das ist - in dieser Phase von Onlinediensten (Marktanteile am Gesamtverkauf weit unter zehn Prozent) - überzogen: Für die Unbequemlichkeiten (Kompatibilität über den Weg einer gebrannten CD) spart man sich ein Drittel oder mehr gegenüber normalen CD-Preisen. Wem das nicht schmeckt, der kann die teurere CD kaufen (Vorsicht vor kopiergeschützten!) und sie konvertieren; der Aufpreis ist der Preis der digitalen Freiheit.

Aber mittelfristig bleibt die Forderung: Steve Jobs und Co schulden uns ein einfaches Scheidungsrecht, falls wir ihre Angebote nicht mehr nutzen wollen.(Helmut Spudich; DER STANDARD, Printausgabe von 15./16.7.2006)