Wien - Im Wirtshaus ist Adi N. jetzt der Zidane vom Entlastungsgerinne. Schon im Mai ging es um Fußball, wenngleich im etwas entfernteren Sinne (Österreich gegen Kroatien). Auch TV-Zuschauer Adi fühlte sich verbal verletzt. Auch er wählte den Bauch des Gegners, allerdings schonte er seinen Kopf und verwendete die Fäuste. Darf Adi dem Staatsoberhaupt die Hand schütteln? Nein. Er muss sich wegen Körperverletzung verantworten.

"Oaschloch sagt kana zu mir", stellt er gleich einmal klar. Damals, beim Stande von 1:4 aus österreichischer (also Adis) Sicht, waren die Zungen aufgeweicht und die Nerven lagen blank. "Ohne uns warat's ihr goa nix, ihr Würschtln", erfuhr die kroatische Minderheit beim Poldl (Wirt) von Adi. "Seid's froh, dass da leben dürft's", kommentierte er das Spielgeschehen.

"Lauter Ei-Kicker"

Da leistete sich Josip "Materazzi"S. eine einmalige Entgleisung. Er bemerkte: "Ihr habt lauter Ei-Kicker und seid schlechte Verlierer."Verlierer? Hatte Adi soeben das Wort "Verlierer"gehört? Das war (bei 1:4) zu viel des Brutalen. Er sprang auf, entleerte Josips Bierglas und teilte ihm mit, dass es im Sinne seiner Herkunft angebracht wäre, den Raum zu verlassen. ("Schleich di', Jugo!") Josip erwiderte: "Arschloch."Das sagt, wie oben erwähnt, niemand zu Adi. Josip lag nach wuchtigen Schlägen in den Magen benommen am Fuße des Tisches. "I hab Kickboxen g'lernt", entschuldigt sich der Angeklagte.

"Tun Sie ihn nicht streng bestrafen, Frau Doktor", bittet Zeuge Josip überraschend. "Beim Fußball sind wir manchmal wirr im Kopf."- "Haben S'das gehört?", fragt die Richterin. Adi wirkt fast ein bisschen gerührt. "Der is eh okay", murmelt er verschämt. Und: "I mag's an sich eh, die Ausländer, weu i bin a Sozialist."Die kleine bedingte Haftstrafe nimmt er an. (Daniel Glattauer, DER STANDARD Printausgabe, 15./16.07.2006)