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Verzweiflung nach den Angriffen: Israelische Flugzeuge bombardierten am Freitag einen Vorort von Beirut, der als Hochburg der Hisbollah gilt. Drei Menschen starben bei dem Angriff.

Foto: AP
Beirut - Israelische Kampfflugzeuge kreisen über die Stadt, brechen krachend die Schallmauer. Dazwischen sind immer wieder Bombendetonationen zu hören. Im vorwiegend von Schiiten bewohnten Südteil von Beirut gibt es keinen Strom, die Telefonleitungen sind zusammengebrochen. Die Straßen sind wie leer gefegt, fast alle Geschäfte geschlossen. Beirut ist wie eine Geisterstadt, besonders im Zentrum, das nach dem 15-jährigen Bürgerkrieg neu aufgebaut worden war.

Zu tausenden suchen Flüchtlinge aus dem Südlibanon, der von der israelischen Luftwaffe bombardiert wird, sicheren Unterschlupf bei Verwandten und Bekannten in der Hauptstadt. Juan und Maria, ein junges Pärchen aus Spanien, haben sich ihren Urlaub anders vorgestellt.

Gestrandet in Beirut

Den ganzen Tag sitzen sie vor dem Fernseher. Sie haben Glück im Unglück, da sie bei Freunden im christlichen Osten wohnen, wo die Infrastruktur, im Gegensatz zu muslimischen Stadtvierteln, noch funktioniert. Juan und Maria gehören zu einigen tausend Touristen, die von einem Tag auf den anderen in Beirut festsitzen. Die spanische Botschaft wollte sie zuerst mit anderen Landsleuten über dem Landweg nach Damaskus evakuieren. Aus Sicherheitsgründen wurden diese Pläne aber verworfen. "Wir hoffen, dass der Flughafen am Samstag wieder funktioniert", sagt Juan, wobei man ihm ansieht, dass er dem wenig Glauben schenkt.

Die libanesischen Behörden hatten angekündigt, in 48 Stunden den Hariri Airport wieder einsatzfähig zu machen. "Wir haben Angst", gibt Maria unumwunden zu.

Am Freitag erhielten drei Maschinen der libanesischen Fluggesellschaft Middle East eine Starterlaubnis. Danach wurde die notdürftig reparierte Startbahn erneut von israelischen Kampfflugzeugen zerstört. Vor der Küste des Libanon patrouilliert die israelische Kriegsmarine und blockiert jeden Schiffsverkehr. Selbst Fähren aus Zypern, die Passagiere des dorthin umgeleiteten Flugverkehrs nach Beirut bringen sollen, werden zur Rückkehr gezwungen. Ein US-Flugzeugträger steht vor der libanesischen Küste bereit, um US-Staatsbürger mit Helikoptern zu evakuieren. Plätze für das spanische Paar oder Angehörige anderer Nationen sind nicht vorgesehen.

"Für Libanesen gibt es immer noch Wege, aus dem Land zu kommen", sagt John, der in einer Bäckerei im Ostteil von Beirut arbeitet. "Auf kleinen Straßen geht es über die Grenze nach Syrien."John will auf alle Fälle bleiben, obwohl viele aus seiner Familie und Freunde bereits weg sind. John selbst hat keine Berührungspunkte mit der schiitischen Hisbollah. Jetzt wiederhole sich das Jahr 1982.

Auch damals habe Israel den Libanon besetzt, und nun müsse man eben zusammenhalten, erklärt der 27-Jährige und spricht aus, was viele Libanesen ganz unterschiedlicher Konfession denken. "So schlimm ist es ja noch nicht. In unserem Stadtteil gibt es noch Elektrizität und mein Handy funktioniert noch."Er werde gebraucht, gerade jetzt, fügt er schmunzelnd hinzu. "Wer soll denn sonst das Brot backen." (Alfred Hackensberger/DER STANDARD, Printausgabe, 15./16. Juli 2006)