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Sind bis auf Weiteres auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden: ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider (li.) und Bawag-P.S.K.-Generaldirektor Ewald Nowotny.

Foto: AP/Punz
Die 2,3 Milliarden Euro Schulden zeigen das wahre Elend des ÖGB. Nicht nur P.S.K.-Kauf und Bawag-Rückkauf von den Bayern liefen auf Kredit, sondern sogar die 70 Millionen Sonderdividende 2004. Zahlen muss das alles der ÖGB. ***

Wien - ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider übt sich in Zweckoptimismus. Der Mann, der den mehr als zwei Milliarden Euro hohen Schuldenberg abtragen muss (was unter anderem durch den Verkauf der Bawag P.S.K. geschehen soll), muss zudem im laufenden Betrieb sparen, was das Zeug hält - glaubt aber, dass "wir's schaffen".

Die Ausgaben des ÖGB (260 Mio. Euro waren es 2004; jüngere Zahlen gibt es nicht) übersteigen die Einnahmen um 70 Millionen Euro. Schneider rechnet vor, dass nach der Verwertung von Wirtschaftsbetrieben und der Rückzahlung des Kredits für das Bawag-Paket der BayernLB Einsparungen von 19 Prozent nötig sind. Zur Erinnerung: 2004 hat der ÖGB 46 Prozent der Bayerischen Landesbank auf Pump zurückgekauft, was jährlich 24 Mio. Euro an Zinsenlast bringt.

Schneider: "Das ist machbar, indem wir Mehrgleisigkeiten abbauen, den natürlichen Abgang nicht ersetzen und unsere Immobilien entwickeln und vermarkten." Der Verkauf des Kärntner Hafnersees und einer Immobilie am Maltschachersee sei aber eine Illusion: See und Grundstücke gehören der Bawag, der ÖGB ist nur Mieter.

Nur der Preis zählt

Zum idealen Käufer für die Bawag will sich Schneider im Gespräch mit dem Standard nicht äußern - klar scheint zu sein, dass der Kauferlös nicht reichen wird, um den ÖGB aus seiner Misere zu bringen. Der Preis für die Bawag müsste jenseits der drei Mrd. Euro liegen, wenn der ÖGB schuldenfrei aussteigen soll.

Die Rechnung dahinter: Der ÖGB muss rund zwei Mrd. Euro Schulden zurückzahlen, bis zu 190 Mio. Euro an die Refco-Gläubiger überweisen und die Bawag-Staatshaftung von 900 Mio. Euro tragen. Das Risiko aus dieser Haftung schätzt der ÖGB-Finanzchef übrigens als hoch ein: "Die Haftung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit schlagend, sonst hätte die Bawag sie ja nicht gebraucht." Wie berichtet, muss der ÖGB laut Gesetz 14 Jahre lang alles tun (und allenfalls verkaufen), um für diese Haftung geradezustehen, nur in die Pleite kann er aus diesem Titel nicht schlittern.

Schulden für P.S.K.-Kauf noch in den Büchern

Ein Blick in die Zusammensetzung der ÖGB-Schulden zeigt, dass die Gewerkschaft de facto heute noch den Kaufpreis der P.S.K. (1,2 Mrd. Euro im Jahr 2000) als Schulden in ihren Büchern stehen hat. Denn im Zuge der Fusion von Bawag und P.S.K. waren diese Bawag-Verbindlichkeiten in die AVB, die ÖGB-eigene Anteilsverwaltung Bawag, gewandert.

Dasselbe gilt für den Rückkauf des Bayern-Anteils an der Bawag: Der ÖGB hat 2004 rund 530 Mio. Euro für das Paket bezahlt; 380 davon haben die Bayern der ÖGB-VermögensverwaltungsgmbH (ÖVV) kreditiert. Die restlichen 150 Mio. Euro borgten sich die Gewerkschafter über die Solidarität Privatstiftung bei ihrer eigenen Bank aus - sie finden sich heute als Schulden der Privatstiftung wieder. Zudem hat die Stiftung 50 Mio. Altlasten. Das Vermögen der Privatstiftung ist übrigens überschaubar: Neben wenigen Aktiva liegen dort ihre 49 Prozent an der Bawag - und dieses Paket dürfte der legendäre Streikfonds sein. Anders gesagt: Der Streikfonds ist noch viel kleiner, als ohnedies befürchtet wurde.

Sonderdividende selbst bezahlt

Es gibt aber noch eine Steigerung: Der ÖGB musste sich sogar seine 70 Millionen Euro schwere Sonderdividende selbst finanzieren, die er 2004 von der Bawag kassiert hat. Dafür hat das Schulden- und Haftungskarusell von Bawag, P.S.K. und ÖGB-eigener AVB gesorgt. In diesem Fall ging das Ringelspiel so: Die Bawag borgt sich 70 Mio. bei der P.S.K. aus, durch die Fusion von Bawag und P.S.K. landen diese Schulden der nunmehr "alten" Bawag in der AVB. Fazit: Die Gewerkschaft muss sogar die Zinsen für die Dividende bezahlen, die sich die Bawag hausintern gepumpt hatte.

Dazu will der ÖGB-Finanzchef freilich nichts sagen. Gefragt nach der Gefahr einer Insolvenz sagt er knapp: "Es besteht ein Restrisiko." Schneider ("Im ÖGB ist der Super-Mega-GAU passiert") spielt auf Zeit: "Wenn man dem ÖGB Zeit gibt, in Ruhe zu arbeiten, dann verringert sich diese Gefahr." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.7.2006)