Wien - Die zwei chancenlosen Anträge für eine verfassungsrechtlich abgesicherte Novelle zum Volksgruppengesetz, die am Freitag von der Regierung und der SPÖ im Nationalrat eingebracht wurden, sind über große Teile deckungsgleich. Es spießt sich lediglich an zwei Punkten: Die SPÖ will bei der vieldiskutierten Öffnungsklausel den zehnprozentigen Minderheitenanteil streichen und die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) festschreiben. Das umstrittene Veto-Recht von Land und Gemeinde bei der Öffnungsklausel ist in beiden nicht enthalten.

Im Regierungsentwurf ermöglicht die "Öffnungsklausel" ab 2010 Ortschaften mit einem Minderheitenanteil von zehn Prozent die Beantragung von zweisprachigen Ortstafeln. Dazu müssten zehn Prozent der wahlberechtigte Bevölkerung eine entsprechende Petition in der Landesregierung einbringen und von dieser an die Bundesregierung weitergeleitet werden. Die SPÖ will hingegen das Kriterium Minderheitenanteil für die Aufstellung zusätzlicher Schilder mit der Öffnungsklausel herausnehmen. Nach ihrem Entwurf reicht es, wenn zehn Prozent der Wahlberechtigten eine Petition beantragen.

Die Sozialdemokraten argumentieren damit, dass sich der Minderheitenanteil für Ortschaften unter 30 Einwohnern gar nicht feststellen lasse, weil für diese aus statistischen und datenschutzrechtlichen Gründen keine Volkszählungsergebnisse ausgewiesen werden und damit die Öffnungsklausel für alle Ortschaften unter 30 Einwohnern "bloß eine legistischer Trick" wäre.

Die Regierung wiederum meint, dass statistische Werte bei einer sehr geringen Gesamteinwohnerzahl nur eine begrenzte Aussagekraft hätten. "So macht etwa bei einer Ortschaft mit 20 Einwohnern ein Einwohner schon fünf Prozent der Gesamtbevölkerung aus", heißt es in der Begründung. Die Erlassung einer Verordnung zur Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln werde aber auch in Ortschaften mit bis zu 30 Einwohnern "nicht ausgeschlossen", heißt es in der Begründung.

Die SPÖ will darüber hinaus ein Instrument zur "Rechtsdurchsetzung" schaffen. Konkret soll der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Regierung verpflichten können, die Aufstellung von Ortstafeln zu erwirken, wenn das zuständige Organ dem nicht nachkommt.

Das umstrittene Veto-Recht von Land und Gemeinde wurde ja bereits im vorletzten Entwurf gestrichen und ist auch jetzt nicht mehr enthalten. In beiden Anträgen heißt es, dass die Bundesregierung die Landesregierung, die betroffene Gemeinde und den Volksgruppenbeirat "anhören" muss, bevor sie eine Verordnung zur Aufstellung von Ortstafeln erlässt. Im Papier von ÖVP und BZÖ heißt es dazu weiter: "Im Falle divergierender Stellungnahmen hat die Bundesregierung Maßnahmen zur Konsensfindung zu setzen." (APA)