Innsbruck - Eine unbedingte Freiheitsstrafe von elf Jahren hat ein Tiroler am Montag am Innsbrucker Landesgericht nach einem Raubüberfall auf einen Supermarkt mit Geiselnahme ausgefasst. Der 36-Jährige hatte im Jänner den Sohn einer Verkäuferin in seine Gewalt gebracht und 1.600 Euro erbeutet. Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig.

Der bisher unbescholtene Unterländer wurde von einem Geschworenengericht einstimmig wegen erpresserischer Entführung und Raubes für schuldig befunden. Der Anklagepunkt der versuchten Nötigung wurde ausgesetzt.

Ablauf

Der zuletzt beschäftigungslose Pflasterer soll sich laut Anklage am 19. Jänner 2006 mit einer Strickmütze maskiert und mit einer täuschend echt aussehenden Spielzeugpistole gegen 19.00 Uhr zum Hintergang des bereits geschlossenen Lebensmittelgeschäftes in Jenbach (Bezirk Schwaz) begeben haben. Dort traf er auf den elfjährigen Sohn einer der Verkäuferinnen, die noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt waren. Der Mann soll den wartenden Buben mit der Waffe bedroht, um den Hals erfasst und in den "Schwitzkasten" genommen haben.

Als die Mutter des Kindes hinzukam, forderte er von ihr und den beiden anderen Verkäufern "Geld her, sofort!". Mit dem Bargeld ergriff er - ohne den Buben - die Flucht. Dabei kam ihm ein Schneepflug in die Quere. Dem Gemeindemitarbeiter gelang es nach kurzer Verfolgungsfahrt und anschließender Rangelei, den Mann zu stellen.

"Irgendwie zu Geld kommen"

Der geschiedene Angeklagte - selbst Vater zweier Kinder - hatte sich vor der vorsitzenden Richterin Angelika Prechtl-Marte schuldig bekannt. "Ich wollte nur irgendwie zu Geld kommen", schluchzte er und wies auf seinen Schuldenberg hin. Die Firma, bei der er gearbeitet habe, sei in Konkurs gegangen, er habe die Miete nicht mehr zahlen können und sich vergeblich um einen Kredit bemüht.

"Wir haben monatelang nicht gewusst, was wir essen sollen, der Kühlschrank war leer", gab er an. Seine Lebensgefährtin habe ihm deswegen Vorwürfe gemacht. Beim Supermarkt habe er an besagtem Abend noch Licht gesehen: "Da bin ich auf die blöde Idee gekommen", erzählte er. "Ich wollte mich sicher nicht der Freiheit des Buben bemächtigen", schilderte er unter Tränen den Tathergang. Das Kind sei auf einmal vor ihm gestanden. Die Waffe habe er auf dessen Mutter und nicht auf sein junges Opfer selbst gerichtet, versicherte er.

"Entschluss gegen das Recht"

"Nicht die Umstände haben ihn zum Täter gemacht", hatte Staatsanwalt Markus Knapp gesagt, "sondern sein eigener Entschluss, sich bewusst gegen das Recht zu entscheiden": "Er wollte auf die Schnelle Geld machen." Von dem Buben habe er sich nicht von seiner Tat abbringen lassen. Der Verteidiger hatte gemeint, dass der Angeklagte die Tat "aus einem Akt absoluter Verzweiflung" gesetzt habe. Von einer Geiselnahme könne nicht gesprochen werden, da das Opfer "nicht aus einem Lebenskreis entrissen" worden sei.

Der Verurteilte erbat sich Bedenkzeit. Er wurde sofort in Handschellen abgeführt. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. (APA)