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Peter Morgan REUTERS

Für die weltgrößte Softwareschmiede Microsoft wird es ernst: Im Dauerstreit mit Brüssel steht am Mittwoch eine womöglich teure Entscheidung an. Die EU-Kommission sieht ihre Auflagen für den US-Konzern, die sie wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht bereits im März 2004 verhängt hatte, weiter nicht erfüllt. Microsoft droht deswegen ein dreistelliger Millionen-Betrag als Zwangsgeld.

Wettbewerbskommissarin will durchgreifen

Die zuständige Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hatte in den vergangenen Tagen keinen Hehl daraus gemacht, dass sie endlich durchgreifen will. Denn die Geldbuße von fast einer halben Mrd. Euro, die die EU vor über zwei Jahren gegen Microsoft verhängt hatte, zeigte bisher wenig Wirkung: Gegen die Entscheidung klagt der Software-Riese derzeit vor dem EU-Gericht in Luxemburg.

Nicht machtlos

Erfahrung mit den umstrittenen Geschäftspraktiken des Weltkonzerns hat die Kommission seit den 90er Jahren. So beschäftigte sich schon der damalige Wettbewerbskommissar Karel van Miert ab 1993 mit einer Beschwerde des Microsoft-Konkurrenten Novell wegen wettbewerbswidriger Lizenzpolitik. Schon dieser Fall zeigte, dass die Kommission bei solchen Streitigkeiten keineswegs machtlos ist. Denn zusammen mit den US-Wettbewerbsbehörden erzwang die Behörde ein Jahr später eine Änderung der Vermarktungspraktiken von Microsoft.

1998

Der aktuelle Rechtsstreit reicht bis in das Jahr 1998 zurück. Damals beschwerte sich der US-Hersteller von Netzwerkservern, Sun Microsystems, in Brüssel darüber, dass Microsoft bestimmte Teile seiner Software nicht offen lege. Wettbewerber könnten deshalb keine mit der Windows-Architektur kompatiblen Programme entwickeln.

Monopol

Fünf Jahre dauerten die Befragungen und Ermittlungen der Kommission, dann sorgte van Mierts Nachfolger Mario Monti für eine Entscheidung: Microsoft habe sein Quasi-Monopol für die Betriebssysteme von Arbeitsgruppenservern als Herzstück von Computer-Netzwerken noch ausgedehnt, befand die Behörde. Auch habe der Hersteller seine Marktmacht bei PC-Betriebssystemen dazu missbraucht, seinen keineswegs konkurrenzlosen "Windows Media Player" automatisch an das Betriebssystem zu koppeln, was Wettbewerber benachteilige.

Geldbuße von 497,2 Millionen Euro

Konsequenz war die Verhängung einer EU-Geldbuße in der Rekordhöhe von 497,2 Millionen Euro und strikte Auflagen, die Situation zu bereinigen. Innerhalb von drei Monaten sollten Betriebssysteme zu kaufen sein, die nicht automatisch den Windows Media Player enthielten, um konkurrierenden Anbietern solcher Medien-Abspielprogramme eine Chance zu geben. Vier Monate Zeit räumte Brüssel damals den Softwareentwicklern bei Microsoft ein, um der Konkurrenz die so genannten Schnittstellenspezifikationen für die Server-Software offen zu legen.

Während Microsoft der Vorgabe für Media-Player-lose Betriebssysteme murrend folgte, war das, was an Programmteilen offen gelegt wurde, nicht nur nach Einschätzung der Kommission unzureichend: So nannte der in dem Streit von der Behörde berufene Sachverständige die bis vergangenen Dezember dahin gelieferten Unterlagen von Microsoft schlicht "gänzlich ungeeignet". Die Prüfung der Unterlagen sei ein "enttäuschendes, Zeit raubendes und ergebnisloses Unterfangen" gewesen. Eine Bewertung, die Microsoft natürlich nicht teilte.

Geduld der EU am Ende

Jetzt ist die Geduld der EU am Ende: Anfang vergangener Woche bekam Kroes im zuständigen Fachausschuss von den EU-Regierungen grundsätzlich grünes Licht dafür, mit Verhängung eines Zwangsgelds durchzugreifen. Über die genaue Höhe muss aber noch entschieden werden. Die EU-Kommission hatte von "bis zu zwei Mio. Euro" täglich – rückwirkend ab dem 15. Dezember – gesprochen: Das wären rund 400 Mio. Euro.(APA)