Karin Gastinger ist das liberale Gesicht des BZÖ. Damit hat es die Justizministerin in ihrer Partei nicht leicht. Liberal und weltoffen zu sein, ist hier ein Luxus, den man nicht braucht, den man auch gar nicht will. Gastinger ist auch das liberale Gesicht der Regierung. Was sie in ihrer eigenen Partei nicht durchsetzen konnte, dafür bekam sie auch beim Koalitionspartner keine Unterstützung.

Jüngstes Beispiel ist das so genannte Familienpaket, das von der ÖVP abgeschossen wurde. Ursprünglich ging es darum, Diskriminierungen von Homosexuellen abzuschaffen und gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften ähnliche Rechte zu gewähren, wie sie in der Ehe verankert sind. Nicht mit dem BZÖ, nicht mit der ÖVP. Da blieb die Justizministerin über.

Was politisch nicht umzusetzen war, strich Gastinger eben wieder raus. Es blieb ein Paketchen, aber immer noch wichtig und richtig. So ging es darum, Lebensgemeinschaften aufzuwerten, die nicht mit dem heiligen Siegel der Ehe versehen sind. Eigentlich ging es darum, Gesetze der Lebensrealität vieler Menschen anzupassen, die etwa in so genannten Patchworkfamilien zusammenleben, wo der Vater nicht unbedingt der leibliche Vater ist, wo Kinder aus verschiedenen Beziehungen gemeinsam aufwachsen und erzogen werden - Alltag eben.

Da kann die ÖVP nicht mit. Nachdem sie das ohnehin bereits aufgeweichte Paket die längste Zeit vor sich her geschoben hat, sagt sie nun Nein. Weil es im ÖVP-Klub eben nicht "durchgehen" würde. Die ÖVP erweist sich damit wieder einmal als stockkonservative Partei, die eine verstaubte Ideologie über die Bedürfnisse und die Lebensrealität vieler Menschen stellt. Die vermeintlichen Werte, die man hier zu vertreten glaubt, sind lebensfeindlich und alles andere als christlich-sozial. (DER STANDARD, Print, 10.7.2006)