"La Repubblica": "Ciao ciao Weltmeisterschaft. Jetzt scheint alles
unvergesslich. Aber - einmal abgesehen von Italien und Frankreich -
was wird uns wirklich von dieser Weltmeisterschaft 2006 in Erinnerung
bleiben? Die deutsche Menschenmenge etwa. Ein diszipliniertes Meer
von Fans. Sie wirken immer so, als hätten sie eine natürliche
Fernbedienung. Die Furcht, die daraus entsteht, ist, in wessen Händen
der Kontrollknopf letztlich landet."
"La Gazzetta dello Sport": "Diese Weltmeisterschaft hat uns viele
einfache Dinge gelehrt. Dass der Fußball ein Mannschaftssport ist zum
Beispiel und dass elf motivierte Männer mit demselben Ziel und in der
richtigen Zusammensetzung mehr wert sind als elf Fußball-Superstars,
bei denen jeder nur für sich selbst spielt. (...) Das freudige
Endspiel hat noch einmal die Überzeugung gestärkt, dass Deutschland
als Nation diese Weltmeisterschaft in punkto Heiterkeit und
Organisation gewonnen hat (...)."
ARGENTINIEN:
"Clarin": "Franz Beckenbauer, der Kaiser, war das Gesicht der
Weltmeisterschaft. Er reiste unermüdlich kreuz und quer durch
Deutschland, nahm an jeder Zeremonie teil und war bei jedem Spiel im
Stadion. Die verdiente Anerkennung kam, nachdem die Deutschen den
dritten Platz erzielt hatten, und die Zuschauer im Stadion von
Stuttgart diesem exzellenten Repräsentanten des Gastgeberlandes lange
und verdiente Ovationen darbrachten."
NIEDERLANDE:
"Volkskrant": "Die Deutschen hatten Recht. Die Welt war zu Gast bei
Freunden. Um die Spielfelder herum war die Fußball-WM ein
unglaublicher Erfolg, ob es um die Fröhlichkeit und die Farben auf
den Straßen geht, die Sicherheit, den allgegenwärtigen Optimismus,
die Verbrüderung zwischen Fans oder die Organisationskraft der
Deutschen. Nur mit dem Fußball musste man sich irgendwie behelfen."
"Telegraaf": "Fußballerisch hat die WM nicht viel gebracht. (...)
Den einzigen neuen Maßstab, den die WM in Deutschland setzte, betraf
das Erlebnis. Im Gastgeberland wird alles Klinsmann angerechnet, aber
auch Beckenbauer und das OK verdienen ein Lob. Sie haben das Turnier
als eine Herausforderung aufgefasst, um mit allen Fans aus aller Welt
ein Fußballfest zu feiern. Die von Hooligans freien Feste in allen
Städten mit Fans aus aller Welt waren immer ein Höhepunkt."
SCHWEIZ:
"Tages-Anzeiger": "Was es war: Eine wunderbare Sommerparty mit
vielen schönen Erinnerungen, mit starken Bildern und Geschichten, mit
großen Gefühlen. Was es nicht war: Großer Fußball. Vielleicht hat die
WM etwas geweckt, vielleicht entdeckten wir, dass wir gerne
ausbrechen würden aus dieser individualisierten Welt, dass wir mehr
gemeinsam erleben wollen. Das Wir-Gefühl, das uns manchmal so fremd
geworden ist, konnte gelebt werden."
"Neue Zürcher Zeitung": "Deutschland war der erwartet gute
Gastgeber. Die WM hat mehr als nur Fußballbegeisterte während eines
Hitzemonats in Handeln und Denken bestimmt - auch oder vor allem dank
den zunehmenden Fortschritten der "Klinsmannschaft". Der für die
empfindsameren Besucher oft gar kraftmeierische und bierselig laute
Pop- oder Party-Patriotismus blieb allermeist natürlich. Das
Flagge-Zeigen war mehr belustigend denn übertrieben nationalistisch."
"Basler Zeitung": "Mag sein, dass der schwarz-rot-goldene Kostümball
sich je länger, desto mehr vom eigentlichen Ereignis abkoppelte. Und
ein bisschen selbstvergessen deuteten die Deutschen am Ende ihr
kleines Finale zum größten Spiel des Turniers um. Wir sehen es ihnen
nach, denn sie haben es sich verdient."
GROSSBRITANNIEN:
"The Times": "Alles in allem sind sie nicht so schlecht, die
Deutschen. Unsere angelsächsischen Brüder waren patriotisch und
leidenschaftlich, aber sind rücksichtsvoll, unaggressiv und
freundlich geblieben. Ihre Fußballer waren unterhaltsam, und ihre
Fans haben Party gefeiert. Fantastisch."
"The Guardian": "Es wäre zu einfach zu sagen, dass die
Weltmeisterschaft Deutschland ermöglicht hat, sich selbst wieder zu
mögen. Dieser Prozess war von sehr langer Dauer, und wir können die
Schwierigkeiten nur ahnen. Aber beim Betrachten der verrückten
Ausgelassenheit, die nach dem Erfolg des Gastgeberlandes im kleinen
Finale über Portugal in den Straßen von Berlin ausbrach, kommt man
kaum daran vorbei festzustellen, dass dieses Land in den vergangenen
fünf Wochen eine unumkehrbare und grundlegende Veränderung
durchgemacht hat."
"The Daily Telegraph": "Der Platzverweis für Zinedine Zidane hat die
große Party verdorben. Aber auch wenn sie ein wenig zufrieden
stellendes Ende genommen hat: Diese Weltmeisterschaft ist es würdig,
mit einem Lächeln in der Erinnerung zu bleiben, und zwar nicht allein
in Rom, Neapel und Turin. Auch wenn das Finale im Olympiastadion von
Adolf Hitler stattfand: Es liegt genügend Zeit zwischen der 11.
Olympiade und der 18. Fußball-Weltmeisterschaft, um nach vorn zu
schauen. Für die jungen Berliner ist dieses Land ihr Land - und nicht
das Eigentum von dunklen Schatten, die vor sieben Jahrzehnten auf der
Ehrentribüne saßen."
SPANIEN:
"El Pais": "Es war die beste WM mit dem schlechtesten Fußball. Es
bleibt das Gefühl, das Spielfeld sei zu groß für einen so kleinen
Ball gewesen. Es hat aber kaum schlechte Nachrichten gegeben. Die
Zwischenfälle waren minimal, und das Fest des Fußballs konnte
friedlich in den Kneipen und auf den Straßen gefeiert werden,
schließlich waren alle Deutschen bemüht, so wie Jürgen Klinsmann zu
sein. Das freundliche Image des Nationaltrainers war entscheidend
dafür, dass die WM-Teilnehmer glücklich nach Hause zurückgekehrt
sind. Deutschland war diesmal weder arrogant noch verbittert. Es war
der beste Gastgeber und hat das Gesetz des Fußballs akzeptiert, auch
wenn dieses diesmal nicht auf seiner Seite war."
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