Ich geb’s ja zu: auch ich hätte Zinedine Zidane gern als Idol gesehen. Nicht nur, dass er, vor allem in der Schlussphase der WM geradezu göttlich gespielt hat, unglaublichen Überblick bewiesen, die schönsten kleinen Ballkunststücke vollbracht, Tore geschossen oder beinahe geschossen hat (wie kurz vor seinem Ausschluss im letztlich entscheidenden Spiel gegen Italien), war er zugleich ein Symbol für ein Einwanderer-Kind, das es zu etwas gebracht hat und der seinen Ruhm genutzt hat, um es anderen ebensolchen etwas leichter zu machen, in die französische Gesellschaft hinein zu wachsen. Große Plakate in Marseille zeugen von diesem seinem Engagement. Und dann das: Vielleicht von Marco Materazzi provoziert gibt ihm Zidane einen Kopfstoß gegen die Brust – zunächst vom Schiedsrichter unbemerkt. Aber nach Rücksprache mit dem Seitenrichter klarer Fall: rote Karte, Ausscheiden aus dem entscheidenden Spiel Frankreichs um die Weltmeisterschaft. Schwächung der eigenen Mannschaft für das Elfmeterschiessen. Unrühmlicher Abgang eines Großen am Ende einer großen Karriere. In seinem letzten Spiel wegen unsportlichen Verhaltens ausgeschlossen. Manche Kommentatoren schreiben vom „tragischen Helden“. Vielleicht ist es anders. Vielleicht ist es auch für einen der Großen - nicht bloß des Fußballs - gar nicht so einfach, Idol sein müssen, es durchstehen zu müssen, härter genommen zu werden, unverschämter provoziert zu werden und das alles zu ertragen und fair und gelassen zu bleiben. Vielleicht wäre dazu ein Heiliger nötig, aber kein gewöhnlich Sterblicher. Und vielleicht ist das ein Teil der Faszination von Zizou: dass er ein Großer ist, aber mit sehr menschlichen Schwächen. Nicht fürs Denkmal, sondern für diese Welt gemacht. Auch wenn wir gern von Zeit zu Zeit Idole hätten, die allen Anforderungen entsprechen. Bloß: Was hätten wir von denen? Als Vorbild wären sie jedenfalls für uns nicht sehr geeignet.