Für vier österreichische Bundespräsidenten war die einst schmucke Villa auf der Hohen Warte ein Zuhause. Jetzt soll die Villa verkauft werden. Es droht ihr Ende - der Abriss. - von Karin Moser

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Wien - Die Wände sind frisch gestrichen, die Markise wird gerade repariert und das neue Mobiliar an seinen Platz gerückt - steht man im Entrée jenes Hauses, das bereits vier österreichischen Staatsoberhäuptern vom Bund als "Dienstwohnung"zur Verfügung gestellt wurde, scheint es, als sei an der vornehmen Adresse Hohe Warte 36 bereits der nächste Besitzer am Einziehen.

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Dabei: Heinz Fischer lebt auch zwei Jahre nach seinem Amtsantritt privat in der Josefstädter Straße. Und er ist glücklich darüber. So fein wie die Adresse ist die abgewohnte 750-Quadratmeter-Residenz nämlich lange nicht.

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Schimmelfeuchte Mauern und eine miefige Innenausstattung machten ihrem letzten Bewohner, Fischers Amtsvorgänger Thomas Klestil, zu schaffen. Einzig der rote Teppich auf der geschwungenen Stiege in den ersten Stock lässt einen Hauch von staatstragender Wichtigkeit aufkommen - aber selbst der ist abgewetzt.

Derzeit fungiert die Präsidentenvilla nur noch als Filmkulisse, daher die frisch gestrichenen Wände.

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Vergangene Woche hat die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) das Gebäude von der Burghauptmannschaft um 4,35 Millionen Euro erworben. Dem war ein Restitutionsverfahren vorangegangen, das die Ansprüche der Erben der ehemaligen Besitzer ablehnte.

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Im Herbst will die BIG die Liegenschaft zum Verkauf ausschreiben. Und in der Zwischenzeit wird eben an den ORF vermietet, der hier einen historischen Spielfilm dreht. "In dieser Folge geht es um eine Familie in den 70er-Jahren", erklärt der Requisiteur die Standortwahl. Und obwohl der Kern des Hauses aus dem 19. Jahrhundert stammt, bietet die heruntergekommene Präsidentenbleibe mit den in den 50er-Jahren vorgenommenen Gebäudeadaptionen den passenden Rahmen.

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Seit Klestil kurz vor seinem Tod im Juli 2004 nach Wien Hietzing (im Bild)übersiedelt ist, steht das Haus leer. Das Mobiliar wurde an das Bundesmobiliendepot retourniert. Darunter auch jene Stühle, die für die "Goldpopschaffäre"verantwortlich zeichnen.

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Bei einem Damenempfang von Klestils zweiter Ehefrau Margot hatten ob der sommerlichen Temperaturen die goldenen Sessel abgefärbt, was unter den anwesenden Diplomatengattinnen für Aufregung sorgte. Heute ist nur noch der weiße Kachelofen in der ehemaligen Bibliothek im Erdgeschoß stummer Zeuge davon.

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Auf dem Weg durch das Haus stößt man auf einige Erinnerungsstücke an dessen Bewohner. In der einfachen weißen Spanplattenküche etwa liegt eine Grußkarte des französischen Staatspräsidenten Chaques Chirac an "Son Exellence Monsieur Thomas Klestil".

Auf dem Dachboden steht eine an Kurt Waldheim adressierte Geschenkebox. Das Obergeschoß mit den beiden großen Schlafzimmern samt angeschlossenen Bädern im Stil eines Zwei-Sterne-Hotels und den zwei Gästezimmern, die ebenfalls über eigene Waschräume verfügen, ist komplett leer.

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Klestils erste Ehefrau Edith verbindet mit dem Haus gemischte Gefühle: "Das ist für mich nicht trennbar von den übrigen Dingen, die geschehen sind."Aber auch schöne Stunden habe es gegeben, wenn etwa befreundete Staatsoberhäupter eingeladen wurden.

Denn "kleinere Treffen bis zu 20 Personen"veranstalteten die Klestils einst gerne zu Hause. Nach den privaten Turbulenzen wurde die Villa Sperrgebiet und Dinner nur noch in der Hofburg abgehalten. Eine Praxis, die auch Heinz Fischer pflegt.

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Auch sicherheitstechnisch war die Villa nicht mehr zeitgemäß: Links die Zentralanstalt für Meteorologie samt Aussichtsplattform in Richtung Präsidentenvilla, am Ende des 10.000-Quadratmeter-Grundes ein Fußballplatz, von dem aus Bierflaschen Richtung präsidiale Rosenhecke geflogen seien sollen.

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Dennoch haben sich bereits private Interessenten gemeldet. Immobilienmakler Ernst Thomas rechnet aber auch im Fall eines Kaufs durch einen "Liebhaber"mit einem Abriss: "Es zählt nur der Nimbus als ehemaliger Präsidentensitz."Und natürlich die Lage. (Karin Moser, DER STANDARD Printausgabe 10.7.2006)

Zum Thema: Photoblog von Matthias Cremer

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