Im vergangenen Herbst hat der britische Premier Tony Blair von einem "fieberhaften Umdenken" gesprochen, das im Gange sei, weil sich die Welt verändert habe. Zum einen würden Öl und Gas immer teurer, zum anderen sei die Versorgung mit diesen klassischen Energieformen bedroht. Deshalb sei es notwendig, auch über den Bau neuer Kernkraftwerke nachzudenken. In Großbritannien stammt jede fünfte verbrauchte Kilowattstunde aus einem AKW. Bisher war geplant, bis auf einen alle 23 noch Strom produzierenden Meiler stillzulegen.
Ausbau tabu
Seit der Reaktorkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl vor 20 Jahren galt der Ausbau der Atomkraft als tabu. Als erste haben sich die Finnen darüber hinweggesetzt. Im Mai 2002 hat das Parlament in Helsinki den Weg frei gemacht für ein neues AKW. Olkiluoto III soll 2009 ans Netz.
Weltweit liegt der Atomenergieanteil an der gesamten Stromerzeugung bei etwa 16 Prozent, in der EU bei knapp einem Drittel. Der Bogen spannt sich von Ländern wie Frankreich, Litauen und Schweden mit deutlich über 80 Prozent, die Schweiz mit gut 40 Prozent und Deutschland mit 30 Prozent zu "atomkraftfreien"Ländern wie Dänemark, Italien, Portugal, Polen und Österreich.
Verzicht ein Fehler
EU-Energiekommissar Andris Piebalgs ist überzeugt, dass ein gänzlicher Verzicht auf Atomkraft ein Fehler wäre. Die Wasserkraft sei für viele Länder keine Option, da nicht ausreichend vorhanden; Kohlekraftwerke hätten den Nachteil, über entweichendes CO2das Klima zu schädigen. Erneuerbare Energien hätten zwar Potenzial, könnten aber bestenfalls einen Teil des zusätzlichen Energiebedarfs decken. Bei Öl- und Gas-befeuerten Kraftwerken komme hinzu, dass die Betreiber derselben von einigen wenigen Lieferländern abhängig seien.