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Wien - Fünf bis zwölf Prozent der Männer und zehn bis 25 Prozent der Frauen erkranken mindestens ein Mal im Leben an einer Depression. Nun gibt es offenbar neue Ansatzpunkte zur Therapie: Die Abtreibungspille RU 486 ("Mifegyne") normalisierte bei Depressionen im Gehirn offenbar aus dem Gleichgewicht gekommene Regelkreise. Dies erklärten Wissenschafter beim Europäischen Hirnforscher-Kongress in Wien.

In den vergangenen 20 Jahren standen bei der Erforschung und der Therapie dieser Erkrankung vor allem die Erkenntnisse rund um die Nervenbotenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Mittelpunkt. Diese Medikamente entfalten ihre Wirkung erst nach rund zwei Wochen. Dringend erwünscht wären also Arzneimittel, welche den Leidenden möglichst sofort helfen und damit auch akut die Selbstmordgefahr reduzieren.

Neue Behandlungsansätze

Hier könnten Arbeiten zur Abtreibungspille RU 486 von Paul Lucassen von der Universität Amsterdam einen neuen Ansatz bieten. Es handelt sich um eine Substanz, welche die Rezeptoren für das Gelbkörperhormon Progesteron blockiert. Aus den zahlreichen klinischen Untersuchungen mit RU 486 war bereits bekannt, dass depressive Frauen, welche das Medikament einnahmen, binnen weniger Tage eine spürbare Besserung ihres psychischen Zustands registrierten.

Eine alternative Behandlung könnte auch aus der Entdeckung des P2RX7- Gens bzw. von Mutationen dieses Gens dar. Laut Nicholas Barden von der Laval-Universitätsklinik in Quebec in Kanada löst P2RX7 bei Menschen Depressionen aus. Bei Tieren konnten ähnliche Erscheinungsbilder beobachtet werden. Der Wissenschafter: "Besonders bemerkenswert allerdings ist, dass das Gen P2RX7 überhaupt nichts mit Serotonin zu tun hat. Wir hoffen, dass in Zukunft neue Anti- Depressiva mit einem neuen Wirkmechanismus entwickelt werden können."

Der Kongress

Rund 5.000 Neuro-Wissenschafter nehmen am "5. Forum der Föderation der europäischen neurowissenschaftlichen Gesellschaften (FENS)" in Wien teil. Bis Mittwoch (12. Juli) werden sich Biochemiker, Mediziner, Psychologen, Pharmakologen, Sprach- und Verhaltensforscher, Philosophen und Informatiker in 3.500 Vorträgen und 56 Symposien der Hirnforschung widmen.

"Die Neurowissenschaften sind geeignet dazu, Brücken zu bauen zwischen den Natur- und Geisteswissenschaften", meinte Friedrich G. Barth, Neurobiologe aus Wien. In vielen Fällen könne beispielsweise die Biologie Lösungen für Techniker aufzeigen. (APA)