Wien - Am Mittwoch hat das Kartellgericht seine Entscheidung im Streit Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) gegen Erste Bank und Sparkassen zugestellt. Die Richter halten Teile des Haftungsverbundes für kartellrechtswidrig, wie der Standard exklusiv berichtet hat. Im Mittelpunkt der juristischen Auseinandersetzung steht der Haftungsverbund, in dem die Erste Bank mit 46 Sparkassen eng kooperiert.

Auf 272 Seiten erörtert der Richtersenat unter Elisabeth Solé (sie selbst schreibt vom "außergewöhnlichen Umfang" der Entscheidung) jene Punkte, die er für rechtswidrig hält. "Aus prozessökonomischen Gründen"haben die Richter dabei aber nur eine Zwischenentscheidung getroffen: Wie die "Wettbewerbswidrigkeiten abgestellt werden können", soll erst geklärt werden, wenn ihr Spruch rechtskräftig ist. Die Erste Bank kann nämlich Rekurs beim Obersten Gerichtshof einlegen, ob sie das tut ist noch nicht entschieden.

Informationsflüsse rechtswidrig

Im wesentlichen werden Informationsflüsse innerhalb des Verbunds für rechtswidrig erklärt, der Datenfluss zwischen Sparkassen, Haftungsgesellschaft und Erste Bank. Die HaftungsGmbH gehört zu 49 Prozent den Sparkassen und zu 51 Prozent der Ersten; sie ist das rechtliche Vehikel des Haftungsverbundes, in dem für alle Einlagen der Kunden garantiert wird, und "jedes Institut für jedes haftet".

Der Datenfluss in diese Gesellschaft soll sicherstellen, dass finanzielle Probleme von Sparkassen rechtzeitig erkannt werden. Locker formuliert sagen die Richter, dass der Informationsfluss an die HaftungsGmbH okay ist, nicht aber jener an die Erste Bank, die "dadurch Einblicke in die wirtschaftliche Tätigkeit und Situation der Sparkassen bekommt, die sie ansonsten nicht hätte". Der Sprecher der Ersten, Michael Mauritz: "Wir werden das gesetzeskonform regeln und dem Gericht Vorschläge unterbreiten."

Verschwiegenheit nicht gewahrt

Rechtswidrig sei auch die "mangelnde Verschwiegenheitspflicht" der Organe der HaftungsGmbH gegenüber der Erste Bank; zudem der Einfluss, den die Bank bei der Bestellung der Geschäftsführer der HaftungsGmbH hat.

Was BA-CA-Anwalt Raoul Hoffer aus dem Richterspruch ("Diese Entscheidung ist ein Teilerfolg für die BA-CA") weiter ableitet: "Wenn die Erste aus wettbewerbsrechtlichen Gründen die Informationen aus den Sparkassen nicht mehr wie bisher bekommt, fällt die Grundlage für die Konsolidierung der Sparkassen in die Bilanz der Erste Bank weg."Zur Erklärung: Die Erste rechnet sich die Eigenmittel der 46 "Verbund"-Sparkassen zu. Genau das ist der BA-CA ein Dorn im Auge, weil die Erste so ihr Kernkapital erhöht, ihr Rating verbessert und sich so günstiger refinanzieren kann. Die aktuellen Zahlen: Die Kernkapitalquote der Erste liegt bei 10,2 Prozent; 0,15 Prozentpunkte stammen aus den Sparkassen.

An diesem Punkt scheiden sich auch die Interpretationen des Urteils der Kartellrichter: Die Erste Bank sieht die "Konsolidierung nicht gefährdet".

Gemeinsame IT und Produkte "kundenfreundlich"

Abgeblitzt ist die BA-CA beim Versuch, die gemeinsame Geschäfts- und Marktpolitik von Erster und Sparkassen zu kippen. Gemeinsame Produkte, IT oder Werbung kämen Sparkassen wie Kunden zugute, und sind daher nicht rechtswidrig, sagt das Gericht. Was die Erste Bank so kommentiert: "Der Haftungsverbund wurde bestätigt". Noch enger kuscheln dürfen Sparkassen und Erste aber nicht. Die Richter: "Jede weitere Intensivierung der Zusammenarbeit kann wettbewerbsrechtlich problematisch werden".

Um dem vorzubeugen, ist die Erste schon in die Offensive gegangen. Sie hat (als Testlauf) für zwei Sparkassen einen Zusammenschluss bei Gericht angemeldet. Geht der durch, ist das Kartellproblem vom Tisch. Der Generalsekretär des Sparkassenverbands, Michael Ikrath, gibt schon die Marschrichtung vor: "Auf der jetzigen Basis können wir unsere Zusammenarbeit nicht intensivieren. Wir brauchen den wirtschaftlichen Zusammenschluss." (Renate Graber, DER STANDARD Printausgabe, 07.07.2006)