"Hübsche Person", murmelt die Richterin. "Absolut", schwärmt der Verteidiger. Sein verwegenes Augenzwinkern soll andeuten, dass er sie besser kennt. Der Staatsanwalt schmunzelt. Der 26jährigen gebürtigen Polin ist ziemlich egal, wie man über sie denkt. Sie weiß es ohnehin. Sie ist Hellseherin. Sie legt sogar ein Diplom aus Krakau vor. Leider ist die Kopie schlecht, man kann kein Wort lesen, noch dazu auf polnisch.
"Ich konnte schon als Kind in die Zukunft blicken", berichtet sie. Ihre Spezialitäten: Lottogewinne, Hochzeiten, berufliche Aufstiege. Schwächer ist sie bei Krankheiten und Todesfällen. Sie sieht die Dinge lieber positiv (voraus). Ihre Kunden lernte sie vorzugsweise in Nobelbars und Nachtklubs kennen. Dort stand Männern erfahrungsgemäß stets eine besonders rosige Zukunft bevor, wovon ihnen Jana gerne ausführlich erzählte.
Es gab da nur ein kleines technisches Problem, welches Jana zwang, für ihre Wahrsagungen einen intimeren Rahmen, etwa ein Hotelzimmer, zu wählen. "Es funktioniert nur, wenn man mich hier berührt", sagt die Beschuldigte. Um das "hier" zu zeigen, schickt sie sich an, weitere Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen. "Danke, das genügt für den Akt", stoppt sie die Richterin (zur Enttäuschung des Anwalts). Man muss Jana also an der Brust berühren, damit sie in die Zukunft des jeweiligen Berührers blicken kann. "An der Brust oder an den Brüsten?" fragt der ambitionierte Staatsanwalt. "Ich glaube, es genügt, meine Herren", mahnt die Richterin.