Wien - Aufklärung der Ursache für eine recht häufige schwere Erbkrankheit und gleichzeitig Hinweis auf mögliche Ansatzpunkte für Therapien: Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger, Leiter der Abteilung für Medizinische Genetik an der Wiener Universitäts-Frauenklinik (AKH), und sein Team haben entdeckt, welche Mechanismen in den Zellen zur so genannten Tuberösen Sklerose (TS) führen. Dabei bilden sich bei den Betroffenen ständig Tumore - oft in den verschiedensten Organen.

Ursache für Autismus und Epilepsie

"Die Tuberöse Sklerose ist eine recht häufige Erberkrankung. Eines von rund 5.000 Kindern leidet daran. Es gibt leichtere und schwerere Formen. Bei den schweren kommt es ständig zu einer ungehemmten Entwicklung von Tumoren. 'Glück' ist es, wenn sie 'nur' die Haut betreffen, dann kann man sie entfernen. In schweren Fällen und wenn Organe wie Gehirn oder Herz betroffen sind, sterben die Patienten zumeist früh", so der Wissenschafter.

So ist die TS die häufigste genetische Ursache für Autismus und Epilepsie. Die einzige vorhandene Behandlungsform ist die chirurgische Entfernung der Tumoren. Weltweit gibt es rund eine Million TS-Patienten.

Programmierter Zelltod

Die Wiener Wissenschafter untersuchten in zwei vor wenigen Tagen in der Fachzeitschrift "Oncogene" erschienen Arbeiten die Mechanismen, die zur TS führen. Bekannt war bereits, dass die TSC1- und TSC-2-Gene mit den durch sie kodierten Proteinen Hamartin (TSC1) und Tuberin (TSC-2) an der Entstehung der Krankheit beteiligt sein dürften. Doch wie das läuft, war bisher nicht bekannt.

Hengstschläger: "Beide Gene sind Tumor-Suppressor-Gene. Normalerweise entledigt sich der Organismus solcher neu gebildeten Tumoren durch Apoptose, also durch den programmierten Zelltod. Bei der TS entkommen die Zellen offenbar dem programmierten Zelltod. Wir haben jetzt erstmals gezeigt, dass bei der Erkrankung durch Mutationen im TSC2-Gen die Apoptose abgeschaltet wird."

Während das normale TSC2-Gen widernatürlich wachsende und sich teilende Zellen in diesen "Selbstmord" treibt, geschieht das bei der TS wegen der vorhandenen Gen-Veränderungen nicht. Das erfolgt über die Einwirkung auf das so genannte BAD-Gen. Im Falle der Erkrankung werden an dieses offenbar Phosphor-Gruppen angehängt, wodurch die Zellen in weiterer Folge vor der Apoptose geschützt sind. Sie werden praktisch vor diesem Abwehrmechanismus versteckt.

Medikamentöse Therapien

Das nächste Projekt laut dem Experten: "Die TS-Patienten entwickeln Tumoren in den verschiedensten Organen wie Haut, Gehirn, Nieren etc., interessanterweise aber weder in den Knochen noch bekommen sie Leukämien. Wir wollen jetzt klären, warum in Knochen bzw. Knochenmark die Abwehrmechanismen erhalten bleiben, in anderen Organen aber nicht." Und natürlich könnten sich aus diesen Arbeiten auch Ansatzpunkte für medikamentöse Therapien ergeben, welche den Schutz vor Tumoren bei TS-Betroffenen wieder anschalten. (APA)