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Bioinformatiker sagen, dass man in Hinkunft maßgeschneiderte Pillen für jedermann produzieren kann.

Foto: apa/dpa/May
Der Bioinformatik werden zumindest bis 2010 jährliche Wachstumsraten von sechzehn Prozent vorhergesagt. Derzeit liegt der weltweite Markt bei 1,4 Milliarden US-Dollar. In dieser Zahl steckt allerdings nur die Software. Samt Supercomputern, Serverstationen etc. schnellt diese Summe auf 40 Milliarden hinauf. Gemeinsam mit CAST (Center of Academic Spin-Offs), LISA (Life Science Austria) und HITT (Health Information Technolgies Tirol) hat die Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) konsequenterweise zu einem Life Science Circle unter dem Titel "Biology in silico - was kann die Bioinformatik" geladen.

Österreichs einziger Inhaber eines Lehrstuhls für Bioinformatik ist Zlatko Trajanoski, der an der TU Graz das Christian-Doppler-Labor für Genomik und Bioinformatik leitet. Trajanoski skizzierte in seinem Vortrag die Aufgabe der Bioinformatik damit, die explosionsartig wachsenden Datenmenge in der Molekularbiologie intelligent zu verarbeiten und nutzbar zu machen. In der molekularen Medizin sind dadurch in Prävention, Diagnostik und Therapie völlig neue Perspektiven eröffnet worden. Personalisierte Medizin (Pharmakogenomik) sei das Ziel, sagt Trajanoski: "In zehn Jahren wird jeder mit seiner persönlichen Daten-DVD zum Arzt gehen und maßgeschneiderte Medikamente bekommen."

Armin Graber, Geschäftsführer der Innsbrucker Firma Biocrates, knüpfte daran an und forderte die Pharmaindustrie auf, sich vom Blockbuster-Modell und dem Motto "Ein Medikament für alle" zu verabschieden. Auf diesem Weg komme der Bioinformatik eine Schlüsselrolle zu. Etwa bei der Entwicklung von biologischen Markern, die frühzeitig zwischen normalen und pathologischen biologischen Prozessen unterscheiden können und damit eine Perspektive eröffnen. Dass es dabei um viel Geld geht, illustrierte er am Beispiel der Behandlungskosten für die diabetische Nephropathie (Nierenschädigung) u. a. mit Dialyse, die alleine in den USA jährlich mehr als 30 Mrd. US-Dollar betragen und auf dem skizzierten Weg drastisch gesenkt werden könnten.

"Die langwierige und kostspielige Entwicklung von Arzneimitteln kann durch Bioinformatik effizienter und effektiver gestaltet werden", meinte Klaus Heumann, Vorstand der Münchner Biomax Informatics AG, einem Anbieter bioinformatischer Software-Lösungen. Er forderte, die wachsende Branche müsse sich auf Standards und damit auf höhere Benutzerfreundlichkeit einigen. Derzeit würde 70 Prozent der entwickelten Software noch "von Bioinformatikern für Bioinformatiker geschrieben".

Großes Lob kam für den Bioinformatikstandort Innsbruck. Im Umfeld von Uniklinik und Medizin-Uni hätten sich attraktive Bedingungen entwickelt, die mit jenen in München mithalten können, sagt Heumann. Zu diesem Thema stellte Philipp Unterholzner von der Tiroler Zukunftsstiftung eine aktuelle Studie. Ihre wichtigsten Empfehlungen: In Innsbruck soll eine Stiftungsprofessur Bioinformatik eingerichtet und ein "Center of Translational Research" als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gegründet werden. (hs/DER STANDARD Printausgabe, 5.Juli 2006)