Das T-Center ist ein Beweis dafür, dass solche Dimensionen nicht immer in architektonischer Kreativlosigkeit enden, sondern gelegentlich auch einen Mehrwert darstellen.

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In Stans werden 130 Mitarbeitern weitläufige Büros, eine Arbeitsstätte mit baumbepflanzten Atrien und eine voll nutzbare Dachterrasse als Pausenzone geboten.

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Wien - Jubel und Applaus im Semperdepot. Am gestrigen Montagabend wurde durch Bundesminister Martin Bartenstein der Staatspreis für Architektur 2006 verliehen. Die Auszeichnung, die im Abstand von zwei Jahren verliehen wird, richtete sich heuer an Gebäude für Büronutzung, Verwaltung und Handel, insbesondere mit dem Fokus auf "Neue Arbeitswelten"- so der Titel der diesjährigen Ausschreibung.

Das Rennen blieb diesmal zugunsten zweier erster Preise unentschieden. In Wien kommt das T-Center in St. Marx von Domenig, Eisenköck, Peyker (Architek-tur Consult) zum feierlichen Zug, im tirolerischen Stans wurde das Verwaltungsgebäude der Travel Europe (Architekten Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf) ausgezeichnet.

"Eine Entscheidung zugunsten eines der beiden Projekte ist der Jury deshalb so schwer gefallen, weil die Rahmenbedingungen nicht unterschiedlicher sein könnten", erklärt die hochkarätig besetzte Jury aus Architekten und Funktionären des Ministeriums, "das T-Center ist ein Projekt im großstädtischen Kontext und entsprechendem Maßstab, das Travel-Europe-Gebäude ein vergleichsweise kleines Objekt in einem dörflichen Umfeld."

Kaffee statt Anonymität

Winston Churchill sagte einst: "Zuerst gestalten wir unsere Gebäude und dann formen sie uns."Das gilt auch für Unternehmen, ganz gleich ob dies nun der Telefonie-Gigant T-Mobile ist oder das mittelgroße Reiseunternehmen Travel Europe. Das T-Center in St. Marx, das sich über einen Viertelkilometer Länge erstreckt, ist ein seltener Beweis dafür, dass derartige Dimensionen nicht immer in architektonischer Kreativlosigkeit enden müssen. Architekt Günther Domenig über seinen Koloss an der Südost-Tangente: "Dieser Flügel gehört mir!"

Das gigantische Flaggschiff besticht durch einen großzügigen Innenhof und eine breite Freitreppe, die ihre Angestellten allmorgendlich empfängt. So knallt man nach dem erreichten Haupteingang nicht etwa gleich auf den Liftblock, über den man anonym in seine Bürozelle schlüpft, sondern gelangt zuerst auf eine Ebene, die allein der Erschließung und Kommunikation dient. Hier können Besprechungen und Präsentationen genauso wie der Kaffeetratsch dazwischen abgehalten werden. Außerdem werden hier auf dezentrale Art und Weise 2500 Menschen auf 11 Stiegenhäuser und 23 Aufzüge verteilt.

Ganz anders die Situation in Stans. Der Neubau ist die notwendig gewordene Hülle für ein Reiseunternehmen, das nach 20-jährigem Bestehen und Expandieren nun aus allen Nähten platzte. Das Gebäude von Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf ist ein auf der Höhe der Zeit stehendes Objekt, wenn nicht sogar seiner Zeit voraus. Wo sonst werden 130 Mitarbeitern weitläufige Büros, eine Arbeitsstätte mit baumbepflanzten Atrien und eine voll nutzbare Dachterrasse als Pausenzone geboten?

Auslober des Staatspreises ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich, mit der Architekturstiftung Österreich, mit dem Bundeskanzleramt sowie der Bundeskammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten. Preisgeld gibt es keines. Aber eine handsignierte Urkunde des Ministers. (Wojciech Czaja/ DER STANDARD, Printausgabe, 4.7.2006)