Erwartet wurde er als Primiziant, doch er kam als Diakon: Andraes Golatz (rechts).

Foto: DER STANDARD/Erich Petschenig
Seine Heimatgemeinde Steyregg hält eisern zum "Beinahe-Priester" Andreas Golatz, dem die Weihe verweigert wurde. In einer Messe am Sonntag brach der 31-Jährige jetzt erstmals sein Schweigen.

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Steyregg - Bis auf den letzten Platz war die Kirche von Steyregg am gestrigen Sonntag gefüllt. Jene, die zu spät kamen, "strafte"der Herr mit einem Stehplatz. Die Worte von Pfarrer Erwin Ecker waren an diesem Sonntag wohl für viele zweitrangig, mit Spannung wartete man auf die bereits im Vorfeld angekündigte Stellungnahme des verhinderten Neo-Priesters Andreas Golatz.

Dieser sollte eigentlich gestern als Oberösterreichs einziger diözesaner Neo-Priester in seiner Heimatgemeinde Steyregg seine erste Messe halten. Seine Abrechnung mit der Kirche im Standard-Interview (21. Juni) sorgte aber dafür, dass Golatz nicht als Priester, sondern nach wie vor als Diakon erscheinen musste. Der 31-Jährige hatte im Gespräch mit dem Standard unter anderem zu einem "diözesanen Aufstand gegen Rom"aufgerufen, sich für einen zweiten Weg neben dem zölibatären sowie für die Einführung des Frauenpriesterum ausgesprochen.

Die Folge war ein klerikales Erdbeben innerhalb der österreichischen Kirche: Konservative Kreise rebellierten lautstark gegen Gollatz, am 23 Juni 2006 ging dann dem Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz die Bischofsmütze hoch. Nach einer Kontaktaufnahme mit dem Apostolischen Nuntius und einem "brüderlichen Gespräch"mit dem rebellischen Priester-Anwärter setzte Diözesanbischof Schwarz die für 29. Juni 2006 geplante Weihe auf unbestimmte Zeit aus.

Was folgte, war nicht der innerkirchliche Frieden, sondern ein Aufbegehren der liberalen Basis. Zahlreiche Berufskollegen solidarisierten sich mit Golatz. Unter anderem sprach der Dechant vom Bindermichl, Franz Peter Handlechner, von einem "handfesten Skandal"und sah im Vorgehen von Bischof Schwarz "diktatorische Züge".

"Die Kirche hat ein Problem"

Golatz selbst ging ob der österreichweiten Diskussion auf Tauchstation und trat erst bei der Messe in Steyregg wieder an die Öffentlichkeit. Nach Tagen des Schweigens verlas Golatz weit gehend emotionslos jene offizielle Presseerklärung, der er gemeinsam mit Diözesanbischof Ludwig Schwarz verfasst hatte. Und zumindest seine Heimatgemeinde stärkt dem Kirchen-Rebellen den Rücken: Nach der Stellungnahme brach im Gotteshaus für Golatz tosender Applaus aus.

Eigentlich wollte man den Gemeindesohn in seiner neuen Funktion als Hochwürden gebührend feiern. Eine dreitätige Primiz war geplant und die passende Gemeindeaussendung bereits gedruckt. Ein kritisches Interview und ein Bischofs-Machtwort später ist die Enttäuschung groß in Steyregg: "Er ist furchtbar, wie mit ihm umgegangen worden ist. Er hat doch nur die Wahrheit gesagt und dafür hat man ihm einen Maulkorb verpasst", ärgert sich Kirchenbesucherin Maria Unger.

Der Frühschoppen kann an diesem Sonntagvormittag offensichtlich warten, am Kirchenvorplatz gilt es, Partei für den verhinderten Priester zu ergreifen. "Einfach ein Wahnsinn. Wenn so mit Kritik umgegangen wird, dann trägt das nur weiter zur Kirchenspaltung bei", ist ein älterer Herr verärgert. Hoffentlich wird "der liebe Herr Golatz bald geweiht, das ist ein anständiger Kerl", schießt eine Frau nach.

Abseits des aufgebrachten Kirchenvolks steht ganz allein jener Mann, der jüngst über seine eigenen Aussagen stolperte.

"Alles ist für etwas gut, auch wenn es zur Zeit nicht leicht ist", gibt sich Golatz im Gespräch mit dem Standard sichtlich zerknirscht. Es habe mit Bischof Schwarz ein "durchaus angenehmes Gespräch gegeben"und er hoffe auf eine Priesterweihe. Ob er seine Aussage bereue und jetzt von einem "Aufstand gegen Rom"absehe? "Bereuen ist übertrieben. Das Wort Aufstand war sicher eine unglückliche Wortwahl, aber es muss sich etwas tun. Die Kirche hat ein Problem, dass kann keiner wegdiskutieren", bleibt Golatz gewohnt kritisch.

Eine "dipolamtischere Vorgehensweise"wäre "vielleicht besser gewesen", dennoch hoffe er "etwas ausgelöst zu haben". Den 29 Juni habe er "nach einem kurzen Besuch im Linzer Dom allein im Zimmer verbracht".

Unterstützung gibt es auf alle Fälle auch vom Steyregger Bürgermeister und Gründungs-Grünen Josef Buchner: "Golatz war mutig und ich stehe voll hinter seinen Aussagen. Die Kirche braucht solche kritischen Geister."Nicht Golatz habe der Kirche geschadet, sondern Bischof Schwarz selbst: "Das war eine öffentliche Demontage und ich bin tief bestürzt über diese unverständliche Vorgangsweise."

Zumindest in Steyregg scheint die Welt für den klerikalen Querdenker Golatz noch in Ordnung, beim sonntäglichen Pfarrkaffee blieb dem "Beinahe-Priester"vor lauter Gratulationswünschen kaum Zeit für ein Stück Kuchen. (DER STANDARD, Printausgabe, 3. Juli 2006)