Beji - Bewaffnete Extremisten haben am Donnerstag in der irakischen Provinz Salaheddin 60 Raffineriearbeiter entführt und wenige Stunden später wieder freigelassen. Das berichtete ein Sprecher der Polizei in der 200 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Industriestadt Beji.

Die Entführer hätten den Bus, mit dem die Arbeiter jeden Tag aus der Stadt Tus zur staatlichen Raffinerie von Beji gebracht werden, auf halber Strecke abgefangen. Sie zündeten das Fahrzeug an und verschleppten die Arbeiter. Dann ließen sie sich von den Entführten die Personalausweise zeigen und verschwanden. Die Arbeiter, bei denen es sich nach Polizeiangaben um Araber, Turkmenen und Kurden handelt, ließen sie im unwegsamen Gelände abseits der Straße stehen.

In den vergangenen Tagen waren nördlich von Bagdad 80 Arbeiter staatlicher Betriebe entführt worden. 30 von ihnen wurden wieder freigelassen. Die Polizei fand bisher elf Leichen von Entführungsopfern.

Welle der Gewalt hält an

Die anhaltende Welle der Gewalt im Irak hat am Donnerstagmorgen allein in der Hauptstadt Bagdad wieder sieben Menschen in den Tod gerissen. Bei den Opfern handelte es sich um den Chef des Sicherheitsdienstes der Universität, sowie um zwei Kaufleute, einen Bäcker, einen Elektriker, einen Mitarbeiter der Müllabfuhr und eine weitere Zivilperson. Sie wurden entweder aus fahrenden Autos heraus oder auf offener Straße erschossen, beziehungsweise bei der Detonation von Sprengsätzen getötet. In einem Fall galt die Bombe einer Polizeipatrouille, sie verfehlte jedoch ihr Ziel.

Seit Jahresbeginn 8000 Opfer: Leichenhallen überfüllt

Die seit Februar sprunghaft angestiegene Zahl der Morde an Zivilisten hat zu katastrophalen Zuständen in den Leichenschauhäusern geführt. Der Inspektor des Gesundheitsministeriums, Adel al-Moussavi, sagte der irakischen Zeitung "Al-Sabah" (Donnerstag-Ausgabe), im Zentrum für Gerichtsmedizin in Bagdad sei die Kapazität zwar aufgestockt worden, so dass inzwischen statt 36 immerhin 150 Leichen gekühlt aufbewahrt werden könnten. Der Platz reiche jedoch trotzdem nicht aus, so dass ein Teil der Toten außerhalb aufgebahrt werden müsse, was einen schrecklichen Verwesungsgeruch verursache. Viele der Mordopfer blieben bis zu zwei Wochen im Leichenschauhaus, um die Identifizierung zu ermöglichen. Seit Jahresbeginn hätten die irakischen Gerichtsmediziner mehr als 8000 Leichen von Mordopfern in Empfang genommen. In vielen Fälle sei die Identität nie geklärt worden.

Seitdem Extremisten am 22. Februar die Goldene Moschee von Samarra, eines der wichtigsten Heiligtümer der Schiiten, zerstört hatten, kommt es häufig vor, dass Sunniten und Schiiten nur auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu der jeweils anderen Gruppe ermordet werden. US-Botschafter Zalmay Khalilzad hat die konfessionellen Milizen beschuldigt, schon mehr Menschen umgebracht zu haben als die Aufständischen.(APA/dpa)