Das Archiv umfasst etwa 50 Millionen Dokumente über etwa 17,5 Millionen Opfer des NS-Regimes, die in Konzentrationslagern inhaftiert waren oder verschleppt wurden. Wissenschaftler versprechen sich von den Einblicken in die Unterlagen neues Detailwissen zur NS-Gewaltherrschaft.
Kompromisslösung
Mit der Öffnung des Archivs unterstreiche die Regierung den hohen Stellenwert, "den sie der Aufarbeitung unserer Vergangenheit zumisst", sagte Wilhelm. Die elf Mitgliedstaaten des Abkommens (Belgien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Israel, Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Großbritannien, USA) erhielten mit der Öffnung eine digitalisierte Kopie des Datenbestandes und könnten die Daten der Wissenschaft zugänglich machen. Dies sei ein Kompromiss zwischen den Interessen der Forschung und dem Anliegen, die persönlichen Daten der Opfer zu schützen.
Das geänderte Abkommen wird nach Angaben des Auswärtigen Amtes voraussichtlich am 26. Juli in Berlin von den Mitgliedstaaten unterzeichnet. Es müsse anschließend von den Mitgliedern ratifiziert werden. Danach könne das Archiv geöffnet werden. Die deutsche Regierung wolle das Ratifizierungsverfahren möglichst rasch zum Abschluss bringen.
Großer Rückstand bei Anfragen
Der Internationale Suchdienst in Bad Arolsen steht unter Leitung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf. Bisher darf der Suchdienst Auskünfte nur an unmittelbar Betroffene oder nahe Verwandte erteilen. Das Archiv beherbergt detaillierte Aufzeichnungen aus den NS-Vernichtungslagern. Blatt für Blatt aneinander gereiht umfasst der Bestand nach Angaben des Archivs mehr 25.700 laufende Meter. Allein im Jahr 2005 gingen dort über 150.000 Anfragen an. Der Rückstand bei den unbeantworteten Anfragen liegt nach Angaben des Archivs derzeit bei 320.000. Alleine für die Zuteilung der Zahlungen aus dem Zwangsarbeiterentschädigungsfonds hatte der ISD binnen zwei Jahren 950.000 Anfragen bearbeitet.
Die deutsche Regierung hatte lange mit einer Öffnung des Archivs gezögert. Die Dokumente enthalten auch sensible persönliche Daten, etwa Angaben zu Vorstrafen. Daher wurden Klagen von überlebenden Opfern oder Hinterbliebenen unter Bezug auf den Daten- und Persönlichkeitsschutz befürchtet. (APA/Reuters)