Der teuerste Vertreter der London School wurde seinem Ruf gerecht: Christie's erzielte für drei Studien zu einem Selbstporträt von Francis Bacon umgerechnet 5,55 Millionen Euro.

Foto: Christie's
Die Bilanz: kräftiges Umsatzplus, 19 neue Künstlerrekorde und ein starkes Lebenszeichen der London School.


London - Extremly sucessful - so lautete vergangene Woche die von Sotheby's und Christie's verlautbarte Bilanz für zeitgenössische Kunst. Den abendlichen Rekordtanz eröffnete Sotheby's am 21. Juni, und es summierten sich 62 Zuschläge auf etwas mehr als 30 Millionen Pfund - zehn neuen Rekorde. Die Liste der Top-Ten-Ergebnisse führt, entsprechend der Taxe (2,2-3 Mio. Pfund) nicht ganz unerwartet, David Hockneys 66er Acryl-Stück The Splash, das für den Künstlerrekord von 2,92 Millionen Pfund in eine Privatsammlung wechselte. Anderntags offerierte Christie's seine Auswahl, die sich zu 90 Prozent absetzen ließ und mit 25,89 Millionen Pfund zu Buche schlug. Weiters schaffte der Marktführer - bei Christie's summierten sich die Auktionen der Sparten Post War und Contemporary Art 2005 auf 3,2 Milliarden Dollar, im Februar 2006 feierte man mit 64,5 Millionen Dollar den größten Einzelumsatz in der Geschichte des Kunstmarktes - neun neue Rekorde.

Der höchste Zuschlag wurde hier ebenfalls in eine Privatsammlung vergeben: Francis Bacons drei Studien zu einem Selbstporträt aus dem Jahr 1980 waren einem Europäer 3,81 Millionen Pfund wert. Als sich 1976 in Soho die Gruppe der so genannten London School als Opposition gegen die reine Abstraktion formierte, ja damals hätte man als Investor aus heutiger Sicht sämtliches Kapital in die Kunst eines Francis Bacon oder Lucian Freud investieren müssen. In den vergangenen Jahren stieg das bei Auktionen erzielbare Preisniveau zwar für alle wichtigen Vertreter, aber die beiden genannten profitierten von der enthusiastischen Nachfrage am meisten. Allein seit der großen Retrospektive in der Tate haben sich die Preise für Arbeiten Lucien Freuds verdoppelt!

An einem aktuellen Beispiel erklärt: Im Juni 1997 fiel bei Christie's für sein Porträt of John Deakin der Hammer bei 810.000 Pfund. Jetzt stand das 30 x 25 cm große Gemälde aus dem Jahr 1963 bei Sotheby's auf dem Programm - und erzielte satte 1,68 Millionen Pfund. Das bisher teuerste Gemälde darf sich Christie's an die Fahnen heften, als man ebendort für Red Haired Man on a Chair (1962-63) gigantische 3,7 Millionen Pfund, umgerechnet 6,8 Millionen Euro notierte. Als teuerster Künstler aus dieser Gruppierung gilt Francis Bacon. 2004 scheffelte man für 54 Arbeiten in den weltweiten Auktionen 11,65 Millionen Euro.

Im Jahr darauf gelangten nur 37 auf den Markt, die allerdings mit 22,78 Millionen ein deutliches Umsatzplus bescherten. Seine Umsätze teilen sich die USA (58%) und Großbritannien (41%). Angesichts immer prominenter werdender "Retour-Geher", dürfte Bacon eine Ausnahmestellung halten: In den Jahren 2003 und 2005 blieb kein einziges weltweit in einer Auktion angebotenes Werk unverkauft. Sein Höchstpreis liegt bei neun Millionen Dollar für Study for a Pope I (1961) bei Sotheby's. Seit Anfang dieses Jahres sind die für seine Werke erzielten Preise mit deutlich mehr Zuschlägen jenseits der Millionengrenze - laut Artprice um 53 Prozent gestiegen.

Zu den Raritäten zählen die Kategorie Zeichnung bzw. Aquarell. Seit 1992 haben Kunstpreisdatenbanken nur fünf Arbeiten verzeichnet. Bis vergangene Woche lag der höchste Zuschlag bei 15.000 Pfund für ein Aquarell aus dem Jahr 1929 (Christie's 1996). Die neue, von Christie's aufgestellte Höchstmarke liegt jetzt bei stolzen 400.000 Pfund, die ein Saalbieter für die Gouache einer Figurenkomposition von 1933 hinterlegte. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.6.2006)