Kein Kontakt: Viviane Reding will das Netz der ehemaligen Telefon-Monopolisten von ihrem Dienstleistungssektor trennen.

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Brüssel - Telekom-Unternehmen, die aus früheren Monopolzeiten noch über ein eigenes Leitungsnetz verfügen, müssen dieses in ein eigenes Unternehmen ausgliedern. Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ergebnis des Konsultationsprozesses, der heute, Donnerstag, von der EU-Kommissarin für Kommunikation und Medien, Viviane Reding, gestartet wird.

Überall dort, wo die ehemaligen Monopolisten gleichzeitig das Telefonnetz betreiben und auch Gesprächs- und Internetdienste anbieten, gebe es kaum nennenswerten Wettbewerb, meint man in der Kommission. Dort, wo das Netz hingegen ausgliedert sei, gebe es viele neue Firmen und genügend Wettstreit unter den Anbietern. Als Beispiel nennt Reding-Sprecher Martin Selmayr Großbritannien. "British Telecom hat das Netzgeschäft in ein eigenes Unternehmen ausgegliedert. Alle Dienstleistungs-Anbieter haben damit die gleichen Zugangsmöglichkeiten zum Netz und zahlen die gleichen Preise", meint der Sprecher.

Die Entwicklung des Marktes zeige eindrucksvoll, wie effektvoll dieser Schritt war: In Großbritannien liegen 17,9 Prozent aller Anschlüsse nicht mehr in der Hand des ehemaligen Monopolisten, während es im EU-Schnitt nur 8,3 Prozent sind. Österreich liegt mit knapp sechs Prozent unter dem EU-Schnitt, und am unteren Ende der Liste ist Frankreich, wo gerade einmal 1,8 Prozent aller Anschlüsse nicht über das Netz von France Telecom gehen.

Keine Zerschlagung

Von einer Zerschlagung oder gar Enteignung will die EU aber nicht sprechen: "So weit wie die USA bei der Zerschlagung von AT &T wollen und können wir nicht gehen, das erlaubt das EU-Recht ja auch nicht. Aber ein Modell, in dem zwar Netzgesellschaft und Dienstleister für Sprache und Internet unter einem Dach der Mutter sind, aber streng getrennt am Markt agieren, gefällt uns sehr gut."

Offiziell ist diese Möglichkeit nur eine Option von mehreren, die im Rahmen des Konsultationsprozesses dikutiert werden sollen, es gilt aber als sicher, dass die Aufspaltung der Ex-Monopolisten kommen wird. Langfristig stellte Reding in einer Rede in Brüssel ein Ende der Regulierung des Telekom-Sektors in Aussicht. Noch funktioniere der Wettbewerbdafür aber nicht gut genug. Allerdings könne die Regulierung in einigen Bereichen bereits zurückgefahren. Dies betreffe vor allem die Endkunden-Märkte. Die Kommission will vorschlagen, die Festnetzpreise für Endkunden aus der Vorabregulierung zu entlassen. Dies würde es Branchenführern erlauben, ihre Preisestärker zu senken, um neuen Anbietern Konkurrenz zu machen. Die roßen Unternehmen hatten auf weiter reichende Schritte gehofft.

Insgesamt sei die Geschichte der Telekom-Regulierung sehr erfolgreich, sagte Reding. Zwischen 1996 und 2002 sanken die durchschnittlichen Telefonkosten in der EU um 30 Prozent, seit 2000 wären die durhschnittlichen Kosten für ein dreiminütiges Telefonat um 65 Prozent und für ein zehnminütiges Gespräch um 74 Prozent gefallen, sagte die EU-Kommissarin.

Zudem machte sich Reding für eine unabhängige EU-Regulierungsbehörde für die Branche stark, die die Arbeit der nationalen Aufsichtsbehörden koordinieren solle. Damit solle verhindert werden, dass die EU-Regeln etwa für die Preisfestsetzung in einem Land strikter und in einem anderen laxer angewendet werden.Die Pläne der Kommission sollen bis Oktober öffentlich diskutiert werden. Dabei soll auch die Branche zu Wort kommen. Ende des Jahres wird dann der Gesetzesvorschlag eingebracht. (Michael Moravec, Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.6.2006)