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Salzburgs SP-Bürgermeister Heinz Schaden nimmt die Bürgerproteste ernst.

Foto: APA/Hauch
Salzburg – Unruhe an der Salzach: Massive Bürgerproteste und unerwartet großer Zulauf zur gerade im Entstehen begriffenen Bürgerliste zwingen die etablierten Parteien zum Handeln. Mit der "Grünlanddeklaration" – eine Art "heiliger Schwur" – werden vom Salzburger Gemeinderat 3700 Hektar Grünland von jeder Verbauung ausgenommen.

Das war 1985. Rund zwei Jahrzehnte später ein ähnliches Bild: Als Bürgermeister Heinz Schaden (SP) laut über die Freigabe einzelner Deklarationsflächen vor allem für den Wohnbau nachdenkt, gehen die Wogen hoch. Mehrere zur "Aktion Grünland" zusammengeschlossene Bürgerinitiativen erzwingen mit massiver medialer Schützenhilfe eine Bürgerbefragung. Der jährliche Bedarf von 750 neuen Wohnungen und einige anstehende Betriebserweiterungen seien auch ohne Griff ins Grünland abdeckbar, meinen sie. Mehr als 12.600 Stadt-Salzburger sprechen sich bei der Befragung im Mai für einen "dauerhaften" Schutz der Stadtlandschaften aus.

Als Ergebnis der neuerlichen Proteste versucht man in Salzburg nun ein Modell zur Bürgermitbestimmung im großen Stil. Schaden und die "Aktion Grünland" einigten sich auf eine von Stadt und Initiativen paritätisch besetzte Arbeitsgruppe. Die Auseinandersetzung um einzelne Flächen ist – bis auf eine Ausnahme – fürs Erste zurückgestellt. Gemeinsam will man beim Land Druck für eine Novellierung des Raumordnungsgesetzes machen. Dabei sollen langfristige Planungsfestlegungen für die Stadt formuliert werden.

Frühere Versäumnisse

Ein erstes von beiden Seiten getragenes Arbeitspapier liest sich wie eine Aufzählung raumordnerischer Versäumnisse der letzten Jahre. Vertreter der Stadt formulieren das diplomatischer: Es handle sich vor allem um "Vorschläge aus Sicht der Anwender", also aus Sicht der Gemeinden.

Die ans Land gerichteten Forderungen für ein neues Raumordnungsgesetz sehen jedenfalls tief greifende Reformen vor. Die unter dem Titel "aktive Bodenpolitik" gelisteten Themen reichen von der "entschädigungslosen Rückwidmung" für nach zehn Jahren nicht genutztes Bauland über die "Infrastrukturabgabe" bis zur verfassungskonformen Variante der Vertragsraumordnung. Politik und Initiativen verlangen auch die "Verbindlichkeit der regionalen Entwicklungskonzepte" oder "die Aufteilung des Kommunalsteueraufkommens" bei interkommunalen Gewerbeflächen.

Einbindung macht Schule

In den eigenen Wirkungsbereich der Stadt fällt beispielsweise die "einvernehmliche Definition der Bauland-Grünland Grenze" bei weit gehender "Flächenparität" der derzeitigen Grünlanddeklaration. Pikant ist die Forderung, dass die Gemeinnützigen Wohnbauträger sich auf ihren "ursprünglichen Widmungszweck, den Mietwohnungsbau" zu konzentrieren hätten: Der Salzburger SP-Bürgermeister stellt sich damit gegen die bisherige Praxis der im Einflussbereich der Politik stehenden Gemeinnützigen, die sich auch massiv am Eigentumsmarkt engagieren.

Die Einbindung der Bürgerinitiativen hat inzwischen auch beim Land Schule gemacht: Der ressortzuständige Landesrat Sepp Eisl (VP) hat ebenfalls eine Arbeitsgruppe zur Novellierung des Raumordnungsgesetzes einrichten lassen, in der neben Planungsfachleuten der Stadt auch die "Aktion Grünland" beteiligt ist.

Den Bürgerinitiativen selbst geht das alles freilich nicht weit genug: Sie verlangen, dass die Arbeitsgruppen bei Stadt und Land auch "Entscheidungsgremien" werden. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.6.2006)