Dort, wo ein "gläserner" und "transparenter" ÖGB entstehen hätte sollen, könnten bald Touristen übernachten.

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Wohlfühltempel statt Arbeiterberatung: Aus der ÖGB-Zentrale könnte ein Luxushotel werden. Eine Nutzungsstudie im Auftrag der Gewerkschafter wird demnächst fertig, um den Verkauf der Liegenschaft kümmert sich die "Consult Real Consulting".

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Wien - Wer sein Familiensilber verscherbeln muss, kann sich über mangelnde Nachfrage meist nicht beklagen. Der oberste ÖGB-Immobilienverwalter, Günther Rakuscha war in den vergangenen Wochen Adressat vieler Interessensbekundungen. Einige davon, mutmaßt Rakuschka sicher nicht zu Unrecht, "glauben jetzt wohl, aus der Situation des ÖGB heraus billig zu einem Grundstück zu kommen."

Einen Hauptinteressenten für das stolze Objekt mit in Summe rund 2500 m2Grundstücksfläche gibt es bereits. Dem Vernehmen nach stehen die Chancen gut, dass die mit dem Verkauf aller Gewerkschaftsliegenschaften beschäftigte "Consult Real Consulting"bei einem Hotelbetreiber fündig werden könnte.

Die Ergebnisse einer Nutzungsstudie, mit der Rakuscha die bauausführende Architektengemeinschaft "Arge ÖGB"beauftragt hat, sollen "demnächst"vorliegen. Dabei war die Hotel-Tauglichkeit ein Thema, aber auch andere Verwertungsmöglichkeiten.

Nach Schätzung von Immobilienexperten lassen sich in dieser Lage Quadratmeterpreise von 4500 bis 5000 Euro erzielen. Das Objekt, das nach den ursprünglichen Plänen eine transparente, gläserne und moderne Gewerkschaftszentrale hätte werden sollen, hätte demnach "sicher einen Wert im zweistelligen Millionenbereich", meint der Liegenschaftsverwertungsspezialist Alfons Metzger.

Schnapsidee

Er hält übrigens nichts davon, den Gewerkschafts-Rohbau jetzt auf den Markt zu werfen. "Das ist eine Schnapsidee". Besser wäre es, zuerst fertig zu bauen, dann zu vermieten und so die Entwicklungskosten wieder einzubringen. Metzger: "Man muss die Braut ja schmücken."

Im ÖGB wird anders argumentiert: Wenn man den Käufer kennt, kann man den Rohbau adaptieren. Derzeit sind gerade einmal die drei Tiefgeschosse und ein Erdgeschoss fertig. Geplantes Bauende war Sommer 2007.

Weiter Spannungen gibt es zwischen SPÖ und Gewerkschaft. Der Chef der sozialistischen Gewerkschafter, Wilhelm Beck, nannte die Forderung von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer, dass Spitzengewerkschafter nicht mehr im Nationalrat sitzen sollen, "nicht akzeptabel". Die Parteizentrale erinnerte ihn daran, dass er den Entschluss selber mitgetragen hatte. (DER STANDARD, Printausgabe, 27. Juni 2006)