Prag - Drei Wochen nach der Parlamentswahl in Tschechien haben die stimmenstärkste konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS), die Christdemokraten (KDU-CSL) und Grüne die Bildung einer gemeinsamen Regierung besiegelt. ODS-Chef Mirek Topolanek, der von Staatspräsident Vaclav Klaus mit der Kabinettsbildung beauftragt worden war, KDU-CSL-Vorsitzender Miroslav Kalousek und der Chef der Grünen, Martin Bursik, unterzeichneten am Montag einen Koalitionsvertrag.

Das Dokument soll als Grundlage für die Ausarbeitung des Regierungsprogramms dienen. Prioritäten sind die Europapolitik, die internationale Zusammenarbeit sowie die Sicherheit. Die Koalitionsparteien wollen sich demnach für eine "aktive, realistische und praktische Außenpolitik" einsetzen, die die geopolitische Lage Tschechiens berücksichtigt. In puncto Sicherheit erachten die Konservativen, Christdemokraten und Grüne die transatlantische Bindung zwischen der EU und den USA als für die Tschechische Republik "unerlässlich".

EU-Politik

Man wolle zu einer EU-Politik beitragen, die den "neuen Aufforderungen des 21. Jahrhunderts" entsprechen, steht in dem Papier. "Wir wollen eine EU, die offen, den Leuten verständlich, demokratisch, effektiv und global konkurrenzfähig ist." Die Koalitionsparteien wollen ferner eine weitere EU-Erweiterung unterstützen. Außerdem kündigen sie an, sich für "grundsätzliche Reformen einiger gemeinsamen Politikbereiche der EU, besonders der gemeinsamen Agrarpolitik" einzusetzen.

Darüber hinaus planen die Koalitionsparteien mehrere Änderungen im Steuerwesen. Eine einheitliche Einkommenssteuer für physische sowie juristische Personen soll eingeführt werden. Auf dem gleichen Niveau wie die Einkommenssteuer soll die Mehrwertsteuer festgelegt werden. Ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz soll aber etwa für Nahrungsmittel und Medikamente erhalten bleiben.

Korruption

Eine der weiteren Prioritäten des neuen Prager Regierungsbündnisses ist die Bekämpfung der Korruption: Die Arbeit von Polizei und Justiz in diesem Bereich soll effektiver gemacht werden. Geplant ist auch eine Änderung des Pensionssystems: Das Solidaritätsprinzip solle weiterhin maßgeblich bleiben, hieß es. Gleichzeitig sollen die Bürger verstärkt motiviert werden, sich privat abzusichern.

Die Koalitionsparteien haben den Vertrag unterzeichnet, obwohl sie im Parlament immer noch keine Mehrheit haben. Im Abgeordnetenhaus mit 200 Sitzen stellen die drei Parteien nur 100 Mandatare. Sie sind somit auf die Sozialdemokraten (CSSD) des noch amtierenden Premiers Jiri Paroubek angewiesen. Die CSSD zögerte bisher, die Koalition zu unterstützen oder zu dulden. Topolanek will heute noch mit Paroubek ein Gespräch führen. (APA)