Haiders "Platzerl"
Auf den hinteren Rängen saß "der Angeklagte"nicht lange, eine VfGH-Mitarbeiterin geleitete ihn nach vorn auf jene Seite, auf der normalerweise die "Anwälte"der Regierung sitzen, wenn sie wieder einmal ein von der Opposition angefochtenes Gesetz verteidigen müssen. "Hab ich ein eigenes Platzerl", scherzte Haider und posierte für die Kameras.
Drei Minuten später kam "Klägervertreter"Peter Kostelka von der Volksanwaltschaft und nahm auf dem gegenüberliegenden Stuhl Platz. Um zwölf Uhr folgte der Einmarsch der 14 Höchstrichter, unter ihnen vier Frauen. Alle Anwesenden erhoben sich, Haider lieh sein Gesicht den Fotografen und ließ die Richter hinter sich einziehen.
Dann schritt VfGH-Präsident Korinek zur Verlesung des Urteils: Die einsprachigen Ortstafeln für Bleiburg und Ebersdorf sind vom Höchstgericht "als verfassungswidrig aufgehoben"worden. "Sie sind in Slowenisch als auch in Deutsch zu verfassen."Die Klage der Volksanwaltschaft gegen die einsprachige Ortstafel von St. Kanzian "wird abgewiesen", sagte Korinek. Dort müssen also weiterhin keine zweisprachigen Ortstafeln aufgestellt werden. St. Kanzian sei "nicht mehr gemischtsprachig", heißt es in der VfGH-Information.
Zur Begründung sagte Korinek, entscheidendes Kriterium für den VfGH sei, dass "für ein gemischtsprachiges Gebiet ein Minderheitenprozentsatz von mehr als zehn Prozent über einen längeren Zeitraum betrachtet gilt"- in Ortschaften, nicht in Gemeinden oder Bezirken. Die letzte Volkszählung 2001 habe für Ebersdorf einen slowenisch-sprachigen Bevölkerungsanteil von 12,04 Prozent ergeben, für Bleiburg 16,2 Prozent.
Also klar über zehn Prozent, daher seien für Ebersdorf und Bleiburg "Bezeichnungen und Aufschriften topografischer Natur in Slowenisch und Deutsch zu verfassen". Und zwar prompt. "Der Verfassungsgerichtshof nimmt davon Abstand, für das Inkrafttreten eine Frist zu setzen", sagte Korinek. Seit 2005 wäre genug Zeit gewesen für eine verfassungskonforme Regelung. Die verfassungswidrigen einsprachigen Tafeln müssen entfernt werden: "Die Rechtspflicht heißt Ortstafeln."Das sei jetzt nicht mehr "Sache der Kontrolle, sondern des politisch Tätigwerdens".
Nicht mehr gemischt
Mit der Klage gegen die einsprachigen Ortstafeln von St. Kanzian, jenem Ort, durch den Slowenenvertreter Rudi Vouk mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist, und damit das VfGH-Urteil überhaupt erst erzwungen hat, "ist die Volksanwaltschaft nicht im Recht", befanden die höchsten Richter. Dort sei der Slowenenanteil 2001 bei 8,7 Prozent gelegen, zehn Jahre davor bei 9,9 Prozent. Zweimal unter zehn Prozent und "mit Tendenz fallend", erklärte Korinek das Nein der Höchstrichter zu zweisprachigen Ortstafeln für St. Kanzian. Eine Reihe anderer Orte wird noch geprüft werden.
Haider freute sich noch im Gerichtssaal über ein Urteil, mit dem er "durchaus gut leben kann": "St. Kanzian ist heraußen."Zweisprachige Tafeln aufstellen will er weiterhin nicht, er will die Ortsschilder von Bleiburg und Ebersdorf entfernen und eine 50-km/h-Tafel aufstellen.
Total verschwinden wird Bleiburg aber nicht von der Landkarte: Stefan Visotschnig, SP-Bürgermeister von Bleiburg, sagte zum Standard: "Auf seiner Landesstraße kann er tun, was er will. Auf unseren Gemeindestraßen bleiben die Tafeln, so wie der VfGH das vorgesehen hat."
Haider will vom Nationalrat die verfassungsrechtliche Absicherung einer Gesamtlösung. ÖVP und BZÖ planen eine Verfassungsänderung zur Neuregelung der Ortstafelfrage. Diese würde die Zehn-Prozent-Grenze des VfGH durch einen höheren Wert ersetzen. Ob die SPÖ dem zustimmt, ist noch unklar.
Für Volksanwalt Kostelka beweist das Urteil, "dass die Ortstafelverrückerei glatter Verfassungsbruch war". Dass keine Frist gesetzt wurde, bedeute: "Es reicht."Zweisprachige Ortstafeln müssten errichtet werden. Es gebe aber "Probleme, das zu erzwingen".