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Boxender Bischof: Kurt Krenn, früher Oberhirte in St. Pölten, wird 70.

Foto: APA/GUENTER R. ARTINGER
St. Pölten - Vor einem Jahr kam er der Öffentlichkeit gewissermaßen abhanden: Kurt Krenn, der 13 Jahre Diözesanbischof von St. Pölten war, feiert am Mittwoch seinen 70. Geburtstag. Und landet mit diesem Jahrestag automatisch wieder in der Öffentlichkeit, aus der er sich durch seinen auf Wunsch des Papstes erfolgten - und im Standard- Interview am 30. September 2004 verkündeten - Rücktritt verabschiedet hatte.

Anlass für den Rückzug des gebürtigen Mühlviertlers in das Privatleben war die Affäre um Kinderpornos und Homosexualität im St. Pöltner Priesterseminar. Seither lebt der streitbarste der österreichischen Bischöfe zurückgezogen in der niederösterreichischen Landeshauptstadt.

Die zu seinem Geburtstag erschienene 700 Seiten starke Festschrift trägt den Titel "Der Wahrheit verpflichtet". An den Jubilar überreicht wird das Opus magnum "aus Rücksicht auf den Gesundheitszustand"des Altbischofs "in einer Feier in kleinem Rahmen". Krenn verbinde mit seinem Geburtstag "keine besonderen Wünsche, auf die Festschrift freut er sich jedoch".

Die gesamte Amtszeit des "streitbaren Bischofs"war überschattet von heftigen Kontroversen um seine Person, seinen Stil und viele seiner Aussagen. Streitbar zu sein gehöre für ihn zum "Wesen eines vernünftigen Menschen", sagte er einmal. Krenn war im März 1987 von Papst Johannes Paul II. zum Wiener Weihbischof ernannt worden. Am 15. September 1991 übernahm er von Franz Zak die Leitung der Diözese St. Pölten, die er bis zur Emeritierung am 7. Oktober 2004 innehatte.

Sparring mit Pater

Für Krenn taten sich während seiner Amtszeit mehrere Fronten auf. Auf massive Ablehnung war er bei den Äbten der niederösterreichischen Stifte gestoßen. Eine schier unendliche Geschichte war auch die Auseinandersetzung des boxbegeisterten Bischofs, der früher selbst aktiv war und auch Boxer ins bischöfliche Palais einlud, mit dem Paudorfer Pfarrer Udo Fischer. Die Affäre um Kinderpornos und Homosexualität im St. Pöltner Priesterseminar läutete das Ende Krenns als Oberhirte ein. De facto wurde er der Leitung der Diözese am 20. Juli 2004 mit der Einsetzung eines Apostolischen Visitators - Klaus Küng, später sein Nachfolger - enthoben.

Widerstand gegen und Konflikte mit Kurt Krenn waren weit über St. Pölten hinausgegangen. Auslöser war in erster Linie der Fall des früheren Wiener Erzbischofs Kardinal Hans Hermann Groër, gegen den im Frühjahr 1995 Vorwürfe laut geworden waren, er habe in seiner früheren Tätigkeit als Erzieher Buben sexuell missbraucht.

Die Folge war die schwerste Krise der katholischen Kirche in Österreich nach 1945, auf das Kirchenvolksbegehren reagierte die Amtskirche mit dem "Dialog für Österreich". Krenn lehnte beides ab, versagte Groër im Gegensatz zu seinen Kollegen niemals die Unterstützung. (APA, nim/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.6.2006)