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ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer verkündet die Ergebnisse der Klausur.

Foto: APA/Pfarrhofer
Wien - Am konkretesten war der Präsident beim Geld: Nach Abschluss der zweitägigen Klausur des ÖGB in einem Wiener Hotel konnte ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer eine exakte Zukunftszahl nennen - und das war jene, die der ÖGB finden muss, um den laut Hundstorfer "größten Wirtschaftsskandal der Zweiten Republik", nämlich den "Bawag-Skandal", verdauen und überleben zu können: 70 Millionen Euro muss die Gewerkschaft bis Ende 2007 einsparen, verkündete Hundstorfer.

Wie? "Genau weiß ich das nicht", sagte der ÖGB-Chef. Nur eines: "Es geht um alles. Ab sofort beginnt die Restrukturierung auf allen Ebenen."Also Personal-, Sach-, Raum- und andere Kostenposten.

Wie viele und welche der insgesamt 1962 ÖGB-Angestellten (1300 in den zwölf Teilgewerkschaften, der Rest im ÖGB-Dach, den Regionalbüros und 75 Lehrlinge) betroffen sein werden, wollte Hundstorfer noch nicht sagen. Angepeilt ist eine Reduktion durch Nichtnachbesetzung von Personalabgängen.

Zur zukünftigen Struktur sagte Hundstorfer: Das "Dach des ÖGB"werde "wesentliche Grundsatzabteilungen"behalten, "die für alle Teilgewerkschaften zur Verfügung stehen", und "Repräsentanz nach außen und Dienstleistung nach innen"leisten, das heißt etwa vereinheitlichte Administrationssysteme. Die Tendenz zeigt Richtung Stärkung der Teilgewerkschaften.

Die Einzelgewerkschaften dürften mehr finanzielle Autonomie erhalten, die sie, so Hundstorfer, "de facto, nicht de jure, ja schon jetzt haben. Aber die Frage der Teilrechtsfähigkeit wird geprüft".

Eine Teilrechtsfähigkeit der Einzelgewerkschaften, die eine Entmachtung des ÖGB bedeutete, hatte die Beamtengewerkschaft GÖD im Vorfeld gefordert. Der Vorschlag der Privatangestelltengewerkschaft GPA, das ÖGB-Dach zu stärken und statt der Teilgewerkschaften Wirtschaftsbereiche zu etablieren, ist dagegen fürs Erste vom Tisch. Die Metallergewerkschaft plädierte für ein Zusammenrücken in mehrere größere Blöcke.

"Gutes Verhältnis"

Hundstorfer meinte dazu: "Die Gewerkschaften werden weiter zusammenfinden. Eine weitere Konzentration ist das Ziel."Wie viele Gewerkschaften am Ende dieses Prozesses stehen werden, wollte der Präsident nicht beurteilen. Auf jeden Fall müssten "Doppelgleisigkeiten in der Betriebsbetreuung vermieden werden."Wie viele Einzelgewerkschaften bestehen bleiben, ist offen.

Dass das anvisierte Modell zwischen ÖGB-Dach und Teilgewerkschaften sich aber offenkundig nicht durchgesetzt habe, kommentierte Hundstorfer, selbst Chef der Gemeindebedienstetengewerkschaft, so, dass das vielleicht derzeit so sei - aber in zehn Jahren könnte vielleicht genau dieses Modell umgesetzt sein, falls man bis dahin möglicherweise näher zusammengerückt sei. Derzeit sei die GPA "selbstverständlich"zufrieden mit den aktuellen Plänen: "Es gibt keien internen Machtspiele."Und überhaupt: "Das Verhältnis zwischen ÖGB und Teilgewerkschaften wird weiterhin ein gutes sein."

Künftig soll es für Gewerkschafter wie in Arbeiter- und Wirtschaftskammer auch eine Gehaltsobergrenze geben, die bei 140 Prozent eines Nationalratsabgeordnetengehalts liegen wird, rund 11.060 Euro.

"Fix ist", dass der ÖGB auf den Hauptsitz an der Wiener Ringstraße verzichtet. Wohin der Umzug möglichst vieler Gewerkschaften führen wird, ist nicht entschieden. Es gebe einen regelrechten "Bewerberboom"mit Hausangeboten.

Im "dynamischen Reformprozess"eingebunden werden sollen Mitarbeiter und Funktionäre. Am 6. Juli findet eine Betriebsräte- und Personalvertreter-Konferenz statt. Forciert werden Kooperationen mit Wissenschaft und NGOs. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Print, 26.6.2006)