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Jupon bzw. "Appetitröckl"

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Modell einer Krinoline

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"Petticoat-Ball" in Bremerhaven 1998

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Petticoat-Kleid in den 50er-Jahren

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Bis zum Mittelalter war das Tragen von Untergewändern in der Form von Unterröcken und -kleidern nicht üblich. Zwar legte die Frau der griechischen Antike manchmal unter dem Peplos noch einen Chiton an, und ebenso trugen die RömerInnen mehrere Tuniken übereinander, jedoch waren dies Maßnahmen zum Kälteschutz.

 

"Niderwät" oder "Niderkleit", afrz. auch "Chainse" genannt, hieß das Unterkleid, das bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts von beiden Geschlechtern höheren Standes getragen wurde. Danach reduzierte es sich aufgrund der Verkürzung des Männerobergewandes auf ein reines Kleidungsstück der Frau.

Bis zu zwölf Unterröcke

Vom 16. Jahrhundert bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der einzeln getragene Unterrrock "Kotillon" genannt. Danach war es Mode, mehrere Unterröcke zur Stützung des weiten Oberrockes übereinander zu tragen, die mit einer Taillenschnur zusammengehalten wurden. Wesentliches Detail dabei: Je größer die Anzahl der Unterröcke, umso "vornehmer" die Trägerin. Während des Sommers waren das bis zu acht Stück und im Winter konnte die Zahl bis zu beachtlichen zwölf Unterröcken betragen.

Neben dem unter dem hochgerafften Kleidrock sichtbaren obersten Unterrock aus kostbarem Stoff, bestanden die anderen Unterröcke aus Leinen, Wolle und Baumwollgemisch, zumeist in den Farben Weiß und Rot, wobei letzterer als besonders modisch galt und zudem reich mit Spitzen besetzt war.

Sittsam, schelmisch, verschwiegen

Mit dem Aufkommen des Reifrocks, speziell in der spanischen Hofmode (zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts bis Mitte des 17. Jahrhunderts) verringerte sich die Zahl der Unterröcke. Der oberste, oft mit einer Schleppe ausgestattet, hieß "la modeste" (frz. "die Sittsame"), der mittlere "la frippone" ("die Schelmische") und der unterste "la secrète" ("die Verschwiegene").

Im Rokoko bezeichnete man den Unterrock unter dem Reifrock als "Jupon", der im Deutschen umgangssprachlich "Appetitröckl" genannt wurde. Er war aus Seide und um den Saum bestickt oder bordiert. Der unterste Rock (span. "Sabenque") war dagegen aus Leinen gefertigt. Die "Jupe" wiederum lag über dem Reifrock, war auf der Vorderseite sichtbar und galt daher nicht als eigentlicher Unterrock.

Im Directoire (1795 - 1799) und im Empire (1800 - 1820) wurde unter der Chemise neben einem Trikot ein Unterrock im Schnitt des Obergewandes getragen. Ende der 1820er-Jahre ging man daran, den Unterrock an ein Leibchen zu nähen, wodurch das Unterkleid entstand. Dieses war im Rücken zu schließen und erhielt parallel zum Kleid eine "Schnebbentaille" ("Schnebbe" bedeutet Schnabel, Spitze), also eine vorne spitz und tief in den Rock reichende Taille. Der Rock war zum Saum hin ausgestellt und mit waagrecht aufgelegten Schnüren abgesteppt.

Krinoline und Crinolisation

Ab 1827 erfolgte diese Machart mit Fischbein und ab 1840 mit Rosshaar, wodurch eine Steifung des Saums erfolgte und die "Krinoline" (frz. Rosshaar = "crin") erschaffen war. Kurz darauf wurde die "Crinolisation", das Verweben des Unterockstoffs aus Leinen, Seide, Taft oder Wolle mit Rosshaar erfunden. Dieser eine, sehr schwere Unterrock ersetzte die vielen, und gab dem Kleidrock einen kuppelförmigen Umriss, der außen durch zusätzliche Volantreihen erweitert wurde. Die Bezeichnung "Krinoline" ging bald auf die gesamte Kleidsilhouette über, speziell in der Modeperiode zwischen der Bürgerlichen Revolution von 1848 und die Zeit der "Turnüre" (1868/69), die auch als zweites Rokoko bezeichnet wird.

Tunüre und Cul de Paris

Über der "Turnüre" (frz. "tournure" - Körperhaltung), ein halbkreisförmiges, langes Gestell aus Stahl- oder Fischbeinstäbchen, bzw. einem Rosshaarpolster, der über das Gesäß gelegt und mit Bändern um die Taille gebunden wurde, konnte der Rock des Kleides bauschig zusammengerafft werden. Auch hier ging, wie bei der "Krinoline" der Begriff auf das gesamte, in dieser Art geformte Kleid, über. Die "Turnüre" erreichte zwei modische Höhepunkte: Zum einen zwischen 1868 und 1875, und zum anderen zwischen 1882 und 1888.

Eine weiteres Highlight der Gesäßbetonung wurde durch den "Cul de Paris" im Spätbarock (1690 - 1700) geschaffen. Der Terminus bedeutet übersetzt "Pariser Gesäß" bzw. "falscher Steiß" (frz. cul postiche). Dabei handelte es sich um ein über dem Gesäß getragenes Reifengestell zur Bauschung des Kleides.

Während der sogenannten "engen Mode" von 1875 bis 1881 gab es ein separates Schlepp-Unterkleid, das an den Kleidrock geknöpft wurde. Etwas später (1890 - 1907) wurde der Unterrock als Bahnen- oder Glockenrock geschnitten und um den Saum mit Rosshaar abgesteift.

Combinaison und Frou-Frou-Effekt

Im Jahr 1897 kam die Unterrockhose auf, sowie ein Jahr später die Korsett-Unterrockhose, die sogenannte "Combinaison". Ab 1898 wurde das Unterkleid dekolletiert und der Unterrock mit einer Schleppe mit "Balayeusen" (frz. "balayer" = fegen, kehren), Stoffvolants und Spitzenrüchen versehen, die auch als "Staubrüschen" bezeichnet wurden und das gewünschte "Frou-Frou", also ein Rascheln und Knistern, erzeugten. Verarbeitet wurden dazu Seide und Taft, später auch Kunstseide.

Petticoat - Wipprock

Im 20. Jahrhundert passte sich das Unterkleid immer mehr dem Schnitt des Oberkleides an. Demgemäß behauptete sich in den 20er-Jahren die Hängeform (Charleston-Mode) mit dünnen Trägern sowie die Unterrockhose.

Erst 1947 erlebte der Unterrock im Zuge des "New Look" ein Revival und brachte in den 50er- und 60er-Jahren den "Petticoat" auf. Dieser, im Englichen "kleine Rock", wurde in Deutschland auch "Wipprock" genannt, ist ein weiter, steifer Unterrock aus Perlon oder gestärkter Baumwolle, oft mit Spitzenvolants versehen, der den glockigen, anfänglich wadenlangen, später nur kniebedeckten Rock der 50er- und 60er-Jahre unterstützte. Manchmal wurde der Petticoat auch an das Korsett genäht. Anfang der 80er-Jahre wurde er zuerst in Minilänge und dann in Wadenänge von jungen Mädchen wiederentdeckt.

Ab Mitte der 60er-Jahre ging allgemein die Verwendung von Unterkleidern und -röcken zugunsten einer durchgehenden Fütterung der Kleider zurück. (dabu)