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Amerikanische Terrorermittler verschafften sich Einblick in Konten in über 200 Ländern.

Foto: APA/dpa/Büttner
Seit 9/11 durchkämmt der US-Geheimdienst weltweit heimlich Bankdaten. Auf Druck aus Washington musste der Brüsseler Finanzdienstleister Swift der CIA zur Hand gehen.

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Washington/Brüssel/Wien - Vor einem Monat musste die US-Regierung öffentlich eingestehen, dass sie zum Aufspüren von mutmaßlichen Terroristen abertausende Telefonanruflisten gesammelt hat. Jetzt wurde bekannt, dass das US-Finanzministerium unter John Snow seit dem 11. September 2001 systematisch Banktransaktionsdaten durchschnüffeln ließ - mithilfe eines Computerprogramms ("Terrorist Finance Tracking Program"), das auf die Daten der Brüsseler Firma Swift angesetzt ist. Operativ umgesetzt wurde die Aktion vom US-Geheimdienst CIA, überwacht von den Finanzbehörden.

Über Swift (siehe Wissen unten) laufen im Schnitt jeden Tag elf Millionen Banktransaktionen für 7800 Institute in weltweit 200 Ländern - es ist quasi das "Zentralnervensystem der internationalen Bankenwelt".

Washington verteidigt das heimliche Durchforsten der Bankdaten mit dem seit den Vorfällen vom 11. September intensivierten Kampf gegen Terrornetzwerke wie die Al-Kaida-Organisation um Osama Bin Laden. Die Regierung von Präsident George W. Bush habe dem Programm im Zusammenhang mit Untersuchungen bei Terrorverdacht im In- und Ausland große Bedeutung beigemessen, berichtete die New York Times. So hätten Swift-Daten zur Verhaftung von Riduan Isamuddin Hambali beigetragen, der hinter den Anschlägen auf Bali im Jahr 2002 vermutet werde und wichtigstes Al-Kaida-Mitglied in Südostasien gewesen sei, zitierte die Zeitung einen Vertreter der US-Behörden.

Allerdings habe es bei dem Programm eine Grauzone gegeben, berichtete das renommierte Blatt unter Berufung auf Aussagen mehrerer Personen, die mit der Causa zu tun hatten. "Es hat immer Bedenken gegeben", sagte ein namentlich nicht genannt werden wollendes ehemaliges Regierungsmitglied. Die New York Timesberichtete zudem, die US-Behörden hätten die Zeitung gebeten, den Artikel nicht zu veröffentlichen, da dies die Effektivität des Programms gefährden könne.

Das US-Finanzministerium und der Geheimdienst CIA stützen ihre Zugriffe auf die Daten dabei nicht wie sonst üblich auf richterliche Einzelgenehmigungen für die Offenlegung einzelner Transaktionen oder individueller Daten, sondern auf breit angelegte Behördenanordnungen, die auf einen Schlag den Zugang zu Millionen von Daten der belgischen Institution frei machten.

Bush verärgert

Swift bestätigte am Freitag den Bericht.Dem Bankendienstleister sei vorab in Gesprächen mit den US-Behörden zugesichert worden, dass die Daten vertraulich behandelt würden, so das Unternehmen in einem Statement auf der Seite www.swift.com. Die Daten seien in begrenztem Umfang übermittelt worden, außerdem habe man unabhängige Revisionskontrollen eingeschaltet. Detaillierte Angaben zu den Inhalten, die an Washington weitergereicht worden sind, machte man nicht.

"Swift wird von einem Komittee überwacht, das von den G-10-Zentralbanken beschickt wird, und dieses wurde informiert", verlautete der Vorstand von Swift. Die Oesterreichische Nationalbank wurde laut eigenen Angaben vom Freitag nicht verständigt.

Eine Sprecherin des Weißen Hauses sagte, dass Bush "besorgt darüber (sei), dass die NYT sich einmal mehr dafür entschieden hat, ein geheimes Programm zu exponieren, das dazu gedacht ist, Bürger zu schützen". (DER STANDARD, Printausgabe, 24./25. Juni 2006)