Serbiens Premier Vojislav Koatunica ist böse auf Brüssel. Die Politik der "andauernden Bedingungen"sei grundsätzlich falsch und hätte bisher "ausschließlich negative Folgen"gehabt, sagte er gegenüber der serbischen Nachrichtenagentur Fonet. Nach der Wende hätten sich demokratische Kräfte in Serbien partnerschaftliche Beziehungen mit der EU erwartet. Statt dessen werde aber Belgrad unaufhörlich unter Druck gesetzt.

Die Empörung des national-konservativen Premiers wurde von der Entscheidung der EU ausgelöst, wegen mangelnder Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen die Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien vorübergehend auszusetzen. Der EU-Integrationsprozess soll fortgesetzt werden, sobald der wegen Kriegsverbrechen gesuchte, in Serbien vermutete bosnisch-serbische General Ratko Mladiæ dem Tribunal in Den Haag ausgeliefert wird.

Gleiche Kriterien

Es sei unseriös, für die Misserfolge des eigenen Landes die EU verantwortlich zu machen, sagte Krisztina Nagy, Pressesprecherin von EU-Erweiterungskommissars Oli Rehn daraufhin. Für den gesamten Westbalkan gelten dieselben Kriterien. Es liege an den Behörden Serbiens, die Bedingungen für die EU-Perspektive zu erfüllen. Rehn sei dankbar, dass Koatunica nicht die EU "auch für die 6:0 Niederlage Serbien-Montenegros gegen Argentinien bei der Fußball-WM verantwortlich gemacht hat", bemerkte Nagy ironisch.

Der serbische Außenminister Vuk Draakoviæ hat indes Deutschland um Hilfe bei der Festnahme des ehemaligen bosnischen Serbenführers Radovan Karadziæ und Ex-General Mladiæ, gebeten. Koatunica sei an einem Gespräch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in dieser Angelegenheit interessiert. Vorstellbar ist Draakoviæ zufolge eine Unterstützung des Bundesnachrichtendienstes (BND). (DER STANDARD, Printausgabe, 23. Juni 2006)