Im Anschluss an die Entscheidung des US-Bundesgerichts, wonach Microsoft Corp, Redmond, wegen Verstoßes gegen das US-Kartellrecht in zwei unabhängige Unternehmen zerschlagen werden soll, beharren Microsoft-CEO Steve Ballmer sowie andere Führungskräfte weiterhin auf der Unschuld des Software-Unternehmens. Erste Schritte für ein Berufungsverfahren sind unterdessen eingeleitet worden. Wie das "Wall Street Journal" (WSJ) in der Freitagausgabe zusammenfasst, sieht Microsoft als Folge einer Zerschlagung neben Preiserhöhungen spürbare Einschnitte bei der Innovationskraft des "größten Forschungs- und Entwicklungsunternehmens" in der Software-Branche. Eben dies würde den Kunden sowie den Geschäftspartnern entgegen der Auffassung des Gerichts langfristig Schaden zufügen. Das Justizministerium ist nach Aussage von Joel Klein, Leiter der Abteilung Kartellrecht, stets zu einer außergerichtlichen Einigung bereit, die unter bestimmten Bedingungen sogar eine Zerschlagung des Unternehmens abwenden könnte. Nach Angaben des "WSJ" ist hingegen anzunehmen, dass Microsoft nach wie vor auf ein Berufungsverfahren setzt, aus dem es als Sieger hervorzugehen hofft. Nach Aussage von Thomas Burt, eines Anwaltes von Microsoft, wolle man sich bei einem Berufungsverfahren zwei Schwerpunkte setzen. "Schwachstelle" der Argumentation Jacksons? Zum einen soll die Auffassung von Richter Jackson widerlegt werden, wonach Microsoft durch Ausnutzung ihrer Monopolmacht eine spürbare Marktdurchdringung des Netscape-Browsers sowie der Programmiersprache Java im Internetbereich verhindert habe. Zum anderen wolle Microsoft die "Schwachstelle" der Argumentation Jacksons angreifen. Jackson hatte den angeblichen Verstoß gegen das Kartellrecht durch Microsoft primär mit der Ankoppelung des Browsers Internet-Explorer an den Vertrieb des MS-Office-Pakets begründet, obwohl ein anderes Gericht dies 1998 gebilligt hat. Neben einer Zerschlagung hat Bundesrichter Thomas P. Jackson am Mittwoch weitere Restriktionen verfügt, die die Monopolstellung von Microsoft nachhaltig beschneiden sollen. So soll das Unternehmen laut "WSJ" verpflichtet werden, wichtige technische, das Windows-Betriebssystem betreffende Informationen an andere Softwareentwickler weiterzugeben. Dazu zählt auch die Offenlegung weiter Teile des Quellcodes, des bisher bestgehüteten Geheimnisses von Microsoft. Erst der Einblick in den Quellcode ermöglicht anderen Software-Schmieden die Entwicklung kompatibler Programme, die auf dem MS-Betriebssystem betriebsfähig sind. Darüber hinaus sind nach Angaben des "WSJ" bei Microsoft erstmals deutliche Anzeichen für Bemühungen um mehr Kundennähe zu erkennen. So soll in den USA schon am Sonntag eine Anzeigenkampagne starten, die den Kunden Sicherheit und Vertrauen in das Software-Unternehmen vermitteln und zudem unterstreichen soll, dass Microsoft fortfahren wolle, die besten Softwareapplikationen und Betriebssysteme zu entwickeln. Marketing-Experten bemängeln schon seit geraumer Zeit die mangelnde Kundenfreundlichkeit und die fehlende Ausrichtung des Unternehmens am Kunden. (APA/vwd)