Wien - Die Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE) lehnt einen Börsegang der ÖBB ab. Der Personenverkehr und die dafür nötige Infrastruktur müssten aus volkswirtschaftlichen Gründen und zur Daseinsvorsorge im Besitz der Öffentlichkeit bleiben, lediglich der Güterverkehr könnte privatisiert werden. Dieser sei aber ohnedies so gut aufgestellt, dass es dafür keine Notwendigkeit gebe, so GdE-Chef Wilhelm Haberzettl am Dienstag.

Der Gewerkschafter verweist auf die negativen Erfahrungen in Großbritannien, wo nach der Privatisierung die Ticketpreise stiegen und die Qualität des Services und die Sicherheit sank. Laut Haberzettl sei die Bahn derzeit aber ohnehin nicht börsefit: "Gott sei Dank ist ein Börsegang von wirtschaftlichen Faktoren abhängig. Und die sind momentan nicht gegeben."

Das ist auch der einzige Punkt, wo es eine uneingeschränkte Übereinstimmung zwischen Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach, ÖBB-Chef Martin Huber und Haberzettl gibt. Beim Rest sind die wichtigsten ÖBB-Proponenten dreigleisig unterwegs: Während der Vizekanzler über einen Börsegang frühestens in zehn Jahren überhaupt erst einmal diskutieren will, sprach Huber von einer Privatisierung in einigen Jahren, während Haberzettl die Weiche Richtung Börse überhaupt nicht stellen mag.

Kukacka für mittelfristige Teilprivatisierung

Verkehrs-Staatssekretär Helmut Kukacka spricht sich für eine Teilprivatisierung der ÖBB aus - allerdings nicht vor Ende der nächsten Legislaturperiode, also frühestens in fünf Jahren. Ein Verkauf sei aber nur für den Personen- und Güterverkehr, aber nicht für die Infrastruktur vorstellbar. Wie schon zuvor Verkehrsminister Hubert Gorbach und Bahnchef Martin Huber betonte auch Kukacka, dass die ÖBB vor einem Teilverkauf börsefit gemacht werden müssten.

"Es sind in diesem Zusammenhang noch eine Reihe von Hausaufgaben zu machen, um die ÖBB zu einem normalen, mit ähnlichen Unternehmen vergleichbaren Konzern zu machen", stellte Kukacka klar. Allerdings hatten sich erst kürzlich ÖBB-Management und Bahn-Betriebsrat darauf geeinigt, den Kündigungsschutz für die ÖBBler nicht zu lockern. Ursprünglich war dies von der Regierung gewünscht worden, zuletzt ließ Gorbach durchblicken, dass er mit der unternehmensinternen Einigung leben könne.

Kukacka widersprach Haberzettl, wonach durch eine Privatisierung Qualität, Preise und Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr gefährdet seien. "Eine Sicherstellung der öffentlichen Versorgung mit Schienendienstleistungen im Personen- und Güterverkehr wird aber auch in Zukunft durch einen entsprechenden gesetzlichen Auftrag und durch die von Bund und Länder durchgeführten Nahverkehrsbestellungen und -zahlungen erfolgen", versicherte der Staatssekretär.

Schienen-Nahverkehr vor Reform

Eine Reduktion des Schienen-Nahverkehrs steht aber ohnehin - auch ohne Börsegang - ganz oben auf der Reformliste von Bahnchef Huber. 28 Strecken stehen laut einem ÖBB-internen Papier zur Disposition, derzeit laufen noch die Verhandlungen mit den Ländern über Alternativen wie einem Bus-Shuttle bzw. über die Höhe der Kostenbeteiligung durch die Länder. Nach Plänen der Regierung sollen künftig die Länder verstärkt in die Finanzierung des Regionalverkehrs eingebunden werden. Damit soll verhindert werden, dass wie in der Vergangenheit das Prinzip herrscht: Die Länder wünschen, der Bund zahlt.

Übersiedlung für GdG "Spekulation"

Als "reine Spekulation" bezeichnete der Vorsitzende der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG), Christian Meidlinger, Berichte über eine Übersiedlung in die Schlachthausgasse. "Es handelt sich bei den voreiligen Meldungen um reine Spekulationen. Eine Entscheidung über einen möglichen Umzug der GdG-Zentrale ist in keiner Weise getroffen."

Als neue Adresse des ÖGB und mehrerer Teilgewerkschaften - darunter die GdG - war die Schlachthausgasse in Wien-Erdberg genannt worden. Dazu Meidlinger: "Der Hauptsitz der GdG ist und bleibt bis auf weiteres die Maria-Theresien-Straße 11 in Wien-Alsergrund. Alle Mutmaßungen über eine mögliche Adressänderung sind derzeit reine Gedankenspielerei", sagte Meidlinger. (APA)