Während das Thema EU-USA-Gipfel in den US-Medien noch unter ferner liefen behandelt wird, war Präsident George Bush in letzter Zeit vornehmlich um die Pflege seiner Beziehungen zum Kongress bemüht. Am Freitag flog er in den Westen, um zwei republikanischen Mitgliedern des US-Repräsentantenhauses im Bundesstaat Washington und in New Mexico unter die Arme zu greifen: Durch die bloße Anwesenheit des Präsidenten fließt das Geld in Strömen in die Kassen der Kandidaten.

Hier liegt auch das Dilemma vieler Republikaner im US-Kongress: Wie schaffen sie es, sich vor den Wahlen im November von einem äußerst unbeliebten Präsidenten, dessen Krieg und seiner noch unpopuläreren Einstellung zur Einwanderung zu distanzieren, andererseits aber am finanziellen Futtertrog der Republikaner mitzunaschen.

Bush weiß, dass eine republikanische Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus essenziell für die Durchsetzung vieler Strategien ist, die er für seine verbleibende Amtszeit noch plant. Seit einigen Monaten umwirbt Bush - der den Kongress bis dato laut Washington Post wie "lästige jüngere Geschwister" behandelte - persönlich einflussreiche Kongressmitglieder, manchmal in Vieraugengesprächen wie vor Kurzem den Vorsitzenden des Streitkräfteausschusses, John Warner, manchmal in kleiner Runde. Die gemäßigte Senatorin Olympia Snowe schätzt diese neue Strategie, fragt sich aber, warum Bush die "gesammelte Weisheit"des Kongresses nicht schon früher suchte.

Beobachter machen den neuen Stabschef Joshua Bolzten für diese neue Politik verantwortlich. Allerdings gibt es auch Zweifler, die meinen, dass sie zu wenig bewirke und zu spät komme: eine Reihe von Diskrepanzen zwischen dem Weißen Haus und dem Kongress ließen sich nicht so einfach aus dem Weg räumen. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.6.2005)