Peking - Unter dem Druck chinesischer Behörden haben Menschenrechtler in Peking eine für Montag geplante Pressekonferenz kurzfristig abgesagt.Dort sollte die Freilassung des blinden Regierungskritikers Chen Guangcheng gefordert werden, der über erzwungene Abtreibungen und Sterilisationen berichtet hatte.

Die Repressalien gegen Regierungskritiker in China setzten sich damit fort. Erst am Freitag war laut einem Medienbericht der Lokalpolitiker Wu Zisheng überfallen worden, der sich für mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen und mehr Rechte für Bauern eingesetzt hat. Auch der Bürgerrechtler Fu Xiancai war bei einem Angriff schwer verletzt worden, nachdem er sich in einem ARD-Interview regierungskritisch geäußert hatte.

Die Pekinger Behörden wollten die Absage der Pressekonferenz nicht kommentieren. Der Aids-Aktivist Hu Jia berichtete indes, er sei zusammen mit seiner Ehefrau von Polizisten in Zivil in ein Handgemenge verwickelt worden. Die Beamten hätten verhindern wollen, dass das Ehepaar zur Pressekonferenz erscheint.

Der Wissenschaftler Teng Biao sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er sei auf dem Weg zu der Veranstaltung von politischer Seite und der Universität gewarnt worden, sich "um seine eigenen Sachen" zu kümmern. Biao ist Dozent an der angesehenen juristischen Fakultät in Peking.

Bei der Pressekonferenz wollten Anwälte und Menschenrechtler über den 34-jährigen Chen informieren, der seit 10. Juni in Haft ist. Die Behörden werfen ihm Sachbeschädigung und Störung der öffentlichen Ordnung vor. Chen stand 2005 für rund 200 Tage unter Hausarrest. Er sorgte international mit Aussagen für Aufsehen, die Behörden in der Stadt Linyi hätten Abtreibungen in einem sehr späten Stadium erzwungen und auch andere Zwangsmaßnahmen zur Familienplanung ergriffen.

China hat in den späten 80er Jahren die "Ein-Kind-Politik" eingeführt, um das Bevölkerungswachstum in dem Land mit seinen derzeit mehr als 1,3 Milliarden Menschen zu drosseln. Die vom Westen und von Menschenrechtlern kritisierten Restriktionen förderten in China die Vorliebe für männliche Nachkommen.

In einer Erklärung, die auf der Pressekonferenz verteilt werden sollte, wird Chens Freilassung gefordert. Das Papier ist von 14 Personen unterschrieben, darunter mehreren Anwälten. (Reuters)