"Niedriger Standard bei diplomatischer Höflichkeit"
Außenministerin Ursula Plassnik habe "offensichtlich einen ziemlich niedrigen Standard bei diplomatischer Höflichkeit", meinte "Zaman", weil sie am vergangenen Montag ihre Pressekonferenz damit eröffnet habe, der Türkei in Sachen Zypern Lektionen zu erteilen. Sie habe eine pro-griechisch-zypriotische Haltung eingenommen und Warnungen gegenüber Ankara ausgestoßen. Gerüchten zufolge habe Plassnik den Zyprioten versprochen, gegenüber dem türkischen Außenminister Abdullah Gül hart zu bleiben, spekuliert das Blatt, das gleichzeitig Bundeskanzler Wolfgang Schüssel kritisierte, weil dieser den Standpunkt des EU-Mitglieds Zypern verteidigt habe.
"Eigentlich", schreibt "Zaman"-Kommentator Selcuk Gültasli, habe man mit dem Ausbruch einer Krise erst nach der Veröffentlichung des EU-Fortschrittsberichts zur Türkei Ende Oktober gerechnet. Die Türkei werde bis dahin der Forderung der EU nach Öffnung von Häfen und Flughäfen für die griechischen Zyprioten wegen der weiter bestehenden Beschränkungen für die türkischen Zyprioten nicht nachgekommen sein. "Die verbalen Duelle der abgelaufenen Woche haben aber gezeigt, dass die Krise schon begonnen hat", so Gültasli.
"Cumhüriyet": Wachsende Zweifel an EU-Beitrittsfähigkeit der Türkei
In der Europäischen Union wachsen laut einem türkischen Zeitungsbericht die Zweifel an der Beitrittsfähigkeit der Türkei. Der anhaltende Einfluss des Militärs auf die Politik, fehlende Reformen und Minderheitenrechte sowie die angespannten Beziehungen zu Zypern seien Hauptkritikpunkte der EU-Kommission, meldete die türkische Zeitung "Cumhüriyet" am Sonntag.
Sie seien in einem Entwurf eines Berichts über die Erfüllung der Beitrittsbedingungen enthalten, der im Oktober oder November - rund ein Jahr nach dem Beginn von Aufnahmegesprächen - vorgelegt werden soll. Bis dahin werde es keine grundsätzlichen Änderungen an dem Entwurf geben, berichtete das Blatt unter Berufung auf EU-Kreise weiter. Die Beitrittsgespräche dürften mindestens zehn Jahre dauern.
Wie "Cumhüriyet" weiter schreibt, kommen in dem Papier auch Sorgen über die Verschlechterung der Situation in den von Armut geprägten Kurdengebieten des Landes zum Ausdruck. Im vorwiegend von Kurden bewohnten Südosten der Türkei kämpfen Sicherheitskräfte gegen separatistische Aufständische.
Ferner werde in dem Berichts-Entwurf die Weigerung der Türkei kritisiert, ihre Häfen für das neue EU-Mitgliedsland Zypern zu öffnen, hieß es weiter. Die EU hat dies zur Bedingung dafür gemacht, ihre Handelsbeschränkungen gegenüber der international nicht anerkannten Republik Nordzypern aufzuheben.