Der sozialistische indische Industrieminister Kamal Nath glaubt, dass das Wissen Richtung Asien wandert.

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Die westlichen Industriestaaten, die immer die Segnungen der Globalisierung hinausposaunt hätten, müssten jetzt die Effekte derselben zur Kenntnis nehmen, sagt Indiens Handels- und Industrieminister Kamal Nath am Rande des Weltwirtschaftsforums in Tokio im STANDARD-Gespräch. Diese Effekte zeigen sich vor allem in Asien, in China, Thailand und eben Indien.

Wenn wir von Globalisierung sprechen, muss man auch erkennen, dass das Wissen Richtung Asien wandert, ob als Software oder Hardware. Das Schlagwort vom Outsourcing nach Indien sei schon fast Vergangenheit, man sollte Indien als effizienten Produktionsstandort wahrnehmen, und als junge Nation mit günstiger demografischer Entwicklung. Positiv bewertete Nath die steigende Inlandsnachfrage. Auch der innerasiatische Handel nehme zu - alles Faktoren, die die indische Wirtschaft zunehmend von den Wirtschaftszyklen der bisher dominanten westlichen Industriewelt unabhängiger machten.

Magnet für die Weltwirtschaft

Das asiatische Zeitalter habe gerade erst begonnen. Asien werde ein Magnet für die Weltwirtschaft sein. Laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut in Wien werden von den "emerging market economies" China (plus acht Prozent pro Jahr) und Indien (plus 7,1 Prozent jährlich) weiter die größte Dynamik aufweisen.

Nische mit Dienstleistungen

Während sich Japan, Südkorea und immer mehr auch China zu Technologiezentren entwickelten, habe sich Indien mit dem Anbieten von Dienstleistungen für internationale Konzerne eine Nische erarbeitet, die sonst niemand besetzt, betonte Nath. Aus Kostengründen verlagerten in den vergangenen Jahren immer mehr Banken oder Versicherungen die Lohnbuchhaltung in Niedriglohnländer wie Indien. Der Dienstleistungssektor macht die Hälfte des indischen Bruttoinlandsprodukts aus und expandiert - so das Büro der Außenwirtschaft Österreich (AWÖ) in Neu Delhi - derzeit mit knapp zehn Prozent im Jahr.

Ausländische Finanzinvestoren haben laut AWÖ zwischen 2003 bis 2005 an den indischen Börsen 25 Milliarden Dollar (rund 20 Mrd. Euro) investiert, während die Direktinvestitionen lediglich siebeneinhalb Mio. Dollar betrugen.

Heimische Firmen

Mehr als 400 österreichische Unternehmen sind in Indien vertreten, davon 50 in Joint Ventures mit indischen Unternehmen und weitere 100 über Lizenzabkommen. 300 heimische Betriebe unterhalten Repräsentanzen im Land. Seit Anfang der Neunzigerjahre investierten österreichische Betriebe 63 Millionen Euro in Indien.

Neben großen international tätigen Unternehmen wie OMV, die VA-Tech-Tochter Elin EGB, Swarovski, die in Indien eine Perlenproduktion betreibt, oder der Bank Austria Creditanstalt sind auch zahlreiche heimische Klein- u. Mittelbetriebe in Indien tätig. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.6.2006)