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EADS-Co-Chef Noël Forgeard will es so hindrehen, dass ihn weder eine Schuld an den Airbus-Problemen noch am Aktienverkauf trifft.

Foto: AP/Mori
München - Der deutsche Co-Chef des Airbus-Mutterkonzerns EADS, Tom Enders, mahnt infolge der Krise um den Riesen-Jumbo A380 sowohl bei dem Flugzeugbauer als auch bei EADS selbst massive Veränderungen an: "Wir dürfen jetzt nicht zu kurz springen und nur persönliche Konsequenzen und Prozessveränderungen bei Airbus ins Auge fassen." Der französische Co-Chef Noël Forgeard wurde in Frankreich wegen seines Abstoßens von Aktien, als der Kurs noch hoch war, massiv kritisiert. Aktionärsschützer sprechen von Insiderhandel.

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Im Herbst letzten Jahres sah alles noch ganz rosig aus: Vier Riesen-Airbus-Jets A380 sollten monatlich zusammengebaut werden - und 48 pro Jahr.

Davon redet zurzeit niemand mehr. Aufgrund technischer Probleme werden 2007 voraussichtlich nur neun Flugzeuge ausgeliefert. Die Verzögerung der Auslieferung des ersten Riesenjets A380 um ein weiteres halbes Jahr hat nach Aussagen von Airbus ausschließlich produktionstechnische Gründe. Diese seien, so Airbus, hauptsächlich auf Engpässe zurückzuführen, die bei der Definition, Herstellung und Installation elektrischer Systeme und Kabelbäume entstanden sind. Es geht eigentlich nur um ein paar Kabel, die für Telefone, Bildschirme und Spielkonsolen gebraucht werden. Außerdem hat sich jeder Kunde seine eigene Innenarchitektur ausgedacht und Airbus die Montage offenbar völlig unterschätzt.

Notwendige Nacharbeiten

Somit sind Nacharbeiten notwendig. Das Werk in Hamburg, das vor allem für die neuen Schwierigkeiten verantwortlich ist, hofft die Probleme binnen drei Wochen besser in den Griff zu bekommen. Die Ausrüstung von Sektionen, etwa die Einarbeitung der Vorgaben von Airlines für die kundenspezifische Anpassung, wurde bereits neu organisiert. Vor zwei Jahren, beim Airbus A340-500/600, hatte die Innenausstattung für monatelange Verzögerungen und zusätzliche Kosten in dreistelliger Millionenhöhe gesorgt.

Diesmal dürften die Auswirkungen in die Milliarden gehen. Der Airbus-Mutterkonzern, das europäische Luft-und Raumfahrtunternehmen EADS, rechnet selbst damit, dass die Panne rund 500 Millionen Euro jährlich bis 2010 kosten werde. Die Aktie brach nach der Ankündigung der Verzögerungen zeitweise über 30 Prozent ein, was den Konzern rund sechs Milliarden Euro Börsenwert kostete.

Testflüge für die Zulassung

Gegenwärtig sind 15 Flugzeuge montiert, aber noch 2500 Testflugstunden sind notwendig, damit der A380 seine endgültige Zulassung bekommt.

Aber Airbus hat nicht nur mit Problemen beim A380 zu kämpfen. Auch das neueste Projekt, der A350, läuft nicht gut. Kunden wie Emirates-Präsident Tim Clark, hatten heftige Kritik an diesem mittelgroßen Flugzeug für die Langstrecke geübt. "Ich habe immer gesagt, wir benötigen ein Flugzeug für das 21. Jahrhundert. Wir können zum Beispiel nicht mit einem Flugzeug operieren, dessen Tragfläche Mitte der 80er entwickelt wurde", sagte Clark. "Wenn Airbus auch künftig Boeing Konkurrenz bieten möchte, dann müssen die Europäer Flugzeuge bauen, die wir brauchen. Egal, was die Entwicklung kostet. Entweder sie sind im Geschäft oder nicht."

Überarbeitung des A350

Nun soll eine Überarbeitung des A350 kommen, deren Kosten auf sechs bis acht Milliarden Euro geschätzt wird. In der Branche wird erwartet, dass Airbus während der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough Mitte Juli das neue A350-Design präsentiert. Das Flugzeug soll drei Jahre später als das Vergleichsmodell des US-Konkurrenten Boeing, die B787 ("Dreamliner"), starten.

So gerät der europäische Flugzeugbauer immer mehr ins Hintertreffen und ist dabei, den in den vergangenen Jahren gegenüber dem US-Konzern Boeing erzielten Vorsprung wieder zu verlieren. Im heurigen Jahr hat Boeing bisher Bestellungen über rund 400 Maschinen erhalten, Airbus nur rund hundert.

Prinzip Hoffnung

Dabei hatte sich John Leahy, Chief Operation Officer von Airbus, im Gespräch mit dem STANDARD vor wenigen Wochen noch sehr optimistisch gezeigt, dass Verzögerungen keine allzu großen Auswirkungen haben, denn er habe mit den verärgerten Airline-Chefs gesprochen: "Das Gute ist, dass unsere Kunden massiv auf den A380 setzen." (Kurt Hofmann, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.6.2006)