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Auch der japanische Autoerzeuger Nissan baut in St. Petersburg für eine Jahresproduktion von 50.000 Autos.

Foto: EPA/Rain
Immer mehr ausländische Autokonzerne investieren in eine eigene Produktion in Russland. Ihnen folgen nun auch die Zulieferbetriebe. Die kanadische Magna International schielt angeblich auf ein Grundstück in Petersburg.

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Vor einem Jahr zierte Siegfried Wolf, Generaldirektor von Magna International, das Gruppenfoto eines ungewöhnlichen Ereignisses: Russlands Präsident Vladimir Putin hatte die Generaldirektoren westlicher Top-Konzerne nach Petersburg geladen, um in einer Charmeoffensive nach der skandalösen Zerstörung des Yukos-Konzerns Russland als Investitionsstandort wieder anzupreisen.

Sein Interesse an Russland hat Magna nicht groß affichiert; die russische Präsidialkanzlei habe gebeten, beim Aufbau eines Zuliefernetzes für die heimische und internationale Autoindustrie in Russland mitzuhelfen, sagte Wolf im Vorjahr zum STANDARD. Das Interesse scheint seither gewachsen. Wie das renommierte russische Wirtschaftsblatt Vedomosti am Freitag berichtete, plant Magna ein Werk in St. Petersburg. Die Zeitung beruft sich auf den Vorsitzenden des Investitionskomitees der Petersburger Stadtverwaltung Maksim Sokolov. Ihm zufolge hat Magna den Antrag auf ein Grundstück im Gebiet der Wirtschaftszone Schuschara gestellt. Ebendort bauen soeben Toyota und General Motors (GM).

Stadt schlug Grundstück vor

Laut Sokolov könnte Magna schon 2007 den Bau mit einer geschätzten Investition von 50 Mio. Dollar (39,5 Mio. Euro) beginnen. Laut einem zweiten Stadtbeamten hat die Stadt bereits ein Grundstück vorgeschlagen, Magna hätte um zehn bis 50 Hektar angesucht, wobei sie sich noch nicht endgültig auf ihre Pläne festgelegt habe. Letzteres bestätigte der Pressesprecher von Magna International in Oberwaltersdorf/NÖ, Daniel Witzani. Er sagte, dass "noch keine Entscheidung getroffen wurde. Man sondiert noch - und zwar sowohl was den Ort einer Ansiedelung betrifft als auch ob überhaupt. Im Vorjahr hatte alles danach ausgesehen, dass Magna im Schlepptau von Mercedes nach Petersburg kommt. Als der Autokonzern jedoch seine Investitionspläne plötzlich revidiert hatte, war es auch um Magnas Russlandaktivitäten ruhig geworden.

Das jetzt kolportierte Interesse scheint mit der jüngsten Investitionswelle ausländischer Automobilkonzerne einherzugehen. Laut Vedomosti jedenfalls gaben sich GM und Ford Motor, die ebenso in Petersburg produzieren, über Magnas Ansiedelungsvorhaben im Bilde. Während die Zulieferindustrie bisher noch kaum Schritte nach Russland (Johnsons Controls eröffnete im Vorjahr eine Produktionslinie für Ford) gesetzt hat, bauen die Autokonzerne bereits im vollen Gang. Volkswagen steckt 370 Mio. Euro in eine eigene russische Fabrik für jährlich 115.000 Autos südwestlich von Moskau.

Jahresproduktion von 100.000 Autos

Der US-Autokonzern GM will mit einer Investitionssumme von 90 Mio. Euro ab 2008 jährlich 25.000 sportliche Geländewagen Chevrolet Captiva vom Band laufen lassen; gemeinsam mit zwei bereits bestehenden Werken (GM ist seit 1992 in Russland) sollte man dann eine Jahresproduktion von 100.000 Autos erreichen.

Auch Nissan baut in Petersburg - und zwar für eine Jahresproduktion von bis zu 50.000 Autos. Ford produziert ebendort seit 2002. Die ausländischen Autobauer wollen von der steil wachsenden Nachfrage sowie einer derzeit noch möglichen Zollbegünstigung für den Import von Autoteilen profitieren, die mit dem geplanten WTO-Beitritt Russlands wieder abgeschafft werden müsste. Schätzungen zufolge werden 2009 an die 520.000 ausländische Fahrzeuge in Russland produziert. Der erwartete Neuwagenabsatz für 2010 wird mit 2,2 Mio. Stück beziffert. 2005 markierte einen Wendepunkt auf dem russischen Automarkt: erstmals wurden mehr ausländische Marken als inländische verkauft. Mit über 22 Millionen registrierten Autos ist Russland, das 145 Mio. Einwohner zählt, der siebtgrößte Fahrzeugmarkt der Welt. (Eduard Steiner aus Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.6.2006)