Im Kölner Zoo ist von der WM wenig zu merken. Dieser Tage bevölkern ihn neben 700 Tierarten vor allem Kinder und Jugendliche, die ihrer Vorfreude auf die nahenden Ferien zum Beispiel durch strikt untersagtes Klopfen an Aquarienscheiben Ausdruck verleihen.

Fußballfans sind auch in spielfreien Stunden keine Zoobesucher. "Das macht gar nichts, wir haben auch ohne sie Zuwächse", heißt es aus der Geschäftsleitung. Rund 900.000 Menschen kommen pro Jahr, der Tiergarten Schönbrunn kann auf deutlich mehr als das Doppelte verweisen. Das ist aber eine der wenigen Kennzahlen, die den Vergleich zwischen Köln und Wien hinken lassen. Die Städte an Rhein bzw. Donau weisen viele Parallelen auf, was insofern schon interessant ist, weil Köln gerade erlebt, was Wien in zwei Jahren anlässlich der EURO erleben wird.

Samt Speckgürtel, dem auch das benachbarte Leverkusen hinzuzuzählen ist, kommt Köln auf knapp zwei Millionen Einwohner. Die mehr als 41.000 Gästebetten in 484 Betrieben vom Fünfsternehotel bis zur einfachen Pension werden durch 6,5 Millionen Nächtigungen pro Jahr ausgelastet. In Wien bieten 366 Betriebe 42.700 Betten, die Zahl der Übernachtungen liegt allerdings mit mehr als 8,8 Millionen deutlich höher (Angaben für 2005).

Voll ausgelastet

Die Unterkünfte der Studenten-, Messe- und Pilgerstadt Köln (der Dreikönigsschrein im Dom birgt die Gebeine, die zu jenen der Heiligen Drei Könige erklärt wurden) sind während der WM wenig überraschend gut ausgelastet, an Spieltagen ist kein Zimmer zu bekommen. "Allerdings", so ein Hotelier, "findet mehr oder weniger nur ein Besucheraustausch statt. Fans kommen, die Besucher, die sonst um diese Jahreszeit hier sind, bleiben weg."Dafür, dass die WM für die Hotellerie dennoch ein Geschäft ist, sorgen WM-Preise. Ein Einbettzimmer, das sonst 95 Euro kostet, geht derzeit auch locker um 450 Euro weg.

Das den Fans übrig bleibende Geld wird nicht in kulturelle oder andere touristische Zerstreuung wie Einkaufen, sondern in Atzung investiert. Je einfacher das Angebot bei Speisen und Getränken, desto besser laufen die Geschäfte, vor allem in den bis zu fünf Public-Viewing-Zonen mit ihren Bildleinwänden. Gute Geschäfte macht auch, wer in seinem Lokal WM-Spiele zeigt, ob jetzt das Ristorante Sansone ("Es ist nicht der Durchbruch, aber der Chef ist zufrieden") oder die traditionsreichere Hausbrauerei Päffgen ("Aber Kölsch wird immer getrunken"). An WM-Verweigerern und der Hochgastronomie ziehen die 110.000 Menschen, die zu den Spielen in die Stadt strömen, vorbei.

Die Bundesregierung, vor allem aber die WM-Städte, haben viel getan, um das Geschäft anzukurbeln und das Leben für Fans und Einheimische erträglich zu machen. Das Ladenschluss-Gesetz wurde ausgesetzt, die öffentlichen Verkehrsmittel sind verstärkt, an Spieltagen gar rund um die Uhr im Einsatz. Der Individualverkehr bereitet kaum Probleme. Taxifahrer stöhnen nicht über Staus, sondern über geringe Auslastung. Merke: Fußballfans reisen öffentlich, wenn man sie lässt.

Voll erfüllt

Die Stadt Köln ist mit ihrem WM-Engagement höchst zufrieden, "unsere Erwartungen", so Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU), "haben sich voll erfüllt". Schramma hebt vor allem die bisher friedliche, positive Stimmung in Stadt und den Imagegewinn hervor. Dass Köln seine Infrastruktur mit Bundeshilfe recht kostengünstig ausbauen konnte, freut den 58-Jährigen besonders. Von den 519 Millionen Euro, die in den Verkehr investiert wurden, hatte die Stadt vergleichsweise schlanke 20,1 Millionen zu tragen.

Teurer kam der Stadion-Umbau, die Voraussetzung dafür, dass fünf WM-Spiele an Köln vergeben wurden. 25,7 der 119,5 Millionen Euro, die das Müngersdorfer-Stadion ins RheinEnergie-Stadion verwandelten, kamen direkt aus dem Budget. Die echte Fußball-Arena fasst 46.000 Zuschauer. Im Happel-Stadion werden jeweils 51.000 sechs EM-Spiele sehen. Dennoch kann sich Wien in diesem Punkt mit Köln nicht messen. (Sigi Lützow aus Köln - DER STANDARD PRINTAUSGABE 17./18.6. 2006